Neue (junge) Synthesizer-Musik-Künstler und ihre Bühnenauftritte

[...] wo sich Kebu (der ja auch hier im Forum unterschiedlich wahrgenommen und geschätzt wird) sehr um eine Performance im klassischen Sinne bemühte. [...]

"Und jetzt alle mitklatschen!" ist mir persönlich zu wenig Performance.

Ich gehöre zu den Konzertgängern, die umso skeptischer werden, desto mehr Technik in den Vordergrund gerückt wird -- da stelle ich mir mehr als einmal die Frage, ob jetzt das verwendete Equipment meine Wahrnehmung vernebeln soll oder ob das auch mit der Hälfte an Geraffel ginge. Das Node-Konzert in London ist ein gutes Beispiel dafür.

Ich schlafe aber auch bei Redshift-Konzerten ein, wenn auf der Bühne ein Moog IIIc vor sich hin blinkt, daher ist mein Urteil nicht ganz wertfrei.

Stephen
 
Ich denke die der elektronischen Musik, die als Genre selbst Interesse weckt ist lange vorbei. Weiter vorne wirde mal das Beispiel Tangerine Dream in der Kathedrale gebracht. Das war neu, das war anders und es sah einfach gut aus. Heute ist das doch Normalität. Jeder kann sich für unter 500 nen Synthi kaufen oder sein Device mit virtuellem Krempel vollkloppen. Elektronische Musik ist allgegenwärtig. Versicherungen buhlen mit Trap Beats um neue Kunden, Felene Hischer komponiert Massenfreude ganz knapp am Hoover Sound vorbei. Wen soll da ein elektronisches Musikkonzert denn noch locken? Zumindest nicht nur um der Elektronik Willen. Die Musik selbst muss die Leute ziehen und dann ist die Darbietungsform fast egal.
Ich bin aber auch eher der „Geil, Moog-Wand“ Typ...
 
[...] Jeder kann sich für unter 500 nen Synthi kaufen oder sein Device mit virtuellem Krempel vollkloppen. [...]

Und genau darin liegt die Wurzel der Beliebigkeit -- sogar Christian Lindner posiert heutzutage auf Wahlkampfbildern vor einem MS20-Poster.

Mit Moog-Kästen (oder sonstigem 5HE-Zeug) in einer Kathedrale zu stehen, hat zumindest noch einen Rest Stil.

Stil ist etwas, was viele vergessen.

Stephen (habischnisch signiert...)
 
Zuletzt bearbeitet:
Eigentlich können wir nach diesem Post (hab diesen Kernsatz jetzt nur stellvertretend zitiert) den Thread beenden. Das ist es einfach.

Dann könnten wir genauso gut einen CD-Player o. ä. (sorry, ich bin old-school) auf die Bühne stellen und auf die konzertante Darbietung als solche ganz verzichten.

Davon mal abgesehen halte ich Konzerte -- gerade im elektronischen Bereich -- für einen Anachronismus, nicht zuletzt wegen der generellen Reizneutralität der Darbietung in diesem Genre.

Stephen
 
Zitat von grigley:
Auch ne Möglichkeit, mit Rücken zum Publikum ohne groß visuals und ich finde es funktioniert
Au Backe, die Jungs zappeln ja voll rum! Das ist genau das, was ich meine, und was einigen hier gar nicht gefällt.

Muss man hier wirklich unterstellen, dass das alles nur geposed ist? Ich finde, man darf Musikern gerne anmerken, dass sie Spaß an der Sache haben. Nebenbei ist die Musik auch gut. Da ist sowas wie ein Spannungsbogen drin. Macht echt Spass - würde ich mir auch live geben.

Wie gesagt: Introvertierte Musiker sind keineswegs schlechter als Zappelphilipps und -Philippinen - aber hier geht es doch um die Frage, worauf das Publikum stärker reagiert!
 
Sorry, aber "Authentizität" ist ein vom Marketing massiv verseuchtes Bullshit-Wort.
Kaum ein Künstler, der vermarktet wird, kommt noch ohne dieses Wort aus, und der Wikipedia-Artikel kann ihn - was Kunst betrifft - auch nicht klären.

Wie kann man Authentizität messen? Woran erkennt man sie?

Gerade im Rock-Business: Schauen wir uns mal die ganz Großen an, nehmen wir Freddy Mercury. Kann irgendwer - auch nach Lektüre aller Biographien - wirklich unterscheiden, was an Mercury und seinen wirklich sauguten Performances "echt" und was "gespielt" war? Und das frage ich als Queen-Fan :)

Auch bei den beiden Jungs von STRÖME auf dem o.g.Video weiß man das nicht hunderprozentig. Sie machen aber den Eindruck, dass sie Spaß an der Sache haben, und sie kommen damit bei den Leuten an.

Das reicht völlig. Und darum wird sie auch sicher mancher beneiden.
 
...also gut: gefühlte Authentizität...

...das Publikum - und ich meine eher die 15-20 Leutchen die eine regionale Veranstaltung besuchen als die oben zitierte ‚Masse‘ - honoriert Authentizität und geht auch ein ganzes Stück mit, wenn es abgedrehter wird...
 
...also gut: gefühlte Authentizität...

...das Publikum - und ich meine eher die 15-20 Leutchen die eine regionale Veranstaltung besuchen als die oben zitierte ‚Masse‘ - honoriert Authentizität und geht auch ein ganzes Stück mit, wenn es abgedrehter wird...

In diesem Zusammenhang könnte man Authentizität auch gleichbedeutend mit Erfolglosigkeit verstehen -- Mann, hätte nie gedacht, daß ich so authentisch bin.

Stephen
 
Zuletzt bearbeitet:
Da das Mobile schon teilweise einen Hardware Synthesizer ersetzen kann wäre das eventuell die Rückkehr zur Live Bühnenschau?
Der Drum/Synthesizer/.. -spieler kann mit seinem Mobile über die Bühne rocken und live sein Instrument spielen ohne Tonnen schwere Fernseher und Toaster auf die Bühne zu stellen welche einen an einen Platz verdammen.

Gibt es Händy Musik die Live aufgeführt wurde?
 
Es gab mal eine Performance, wo die Künstlerin die zahlreichen Handys im Publikum klingeln/tröten/wie-auch-immer-klingen
ließ. Keine Ahnung, ob man das auf Youtube findet.
 
Au Backe, die Jungs zappeln ja voll rum! Das ist genau das, was ich meine, und was einigen hier gar nicht gefällt.
Ich kenne die beiden ja (Tobi ist glaub ich auch hier im Forum), die haben schon die nötige Energie; ich glaub ihnen also, dass sie zu ihrer Musik gerne auch körperlich grooven, ich weiß aber nicht wie geplant das für die Außendarstellung ist.
Man kann sich ja Ihre Konzert-Videos mit LaBrassBanda ansehen, da ist Mario am Bass schon auch gut am bewegen, soweit es das Instrument erlaubt. Tobi als Drummer ist eh in Bewegung.

Aber trotzdem ist das Gehobbel oft lächerlich. Negativbeispiel:

Die Zappeln sich da einen ab, und wenn man mit etwas Kenntnis hinschaut, tragen tatsächlich nur zwei Leute wirklich was zur Musik bei:
90% stammen von dem Menschen mit der TR8 und dem SH-101. Der Musiker am hinteren Tischende macht ab und zu E-Piano chords, der Rest ist von anderen sporadisch eingestreut. Die anderen sind da echt Youtube-wirksame Gogogirls.
 
...dazu - zwei machen alles, der Rest steht rum oder stört - hatte ich ja in einem anderen Forum bereits die verwegene Theorie aufgestellt, dass dieser Musikstil genau das befördert: zwei, vielleicht drei Instrumente haben Platz, die anderen können noch ein paar Schnörkel und Akzente anbringen...

...deshalb ist ja das spannende an solchen events wie gut es klappt im Laufe einer performance die Rollen aktiv zu tauschen, einander Platz zu lassen, mal den lead zu übernehmen und sich dann auch wieder zurückzunehmen...

...dann hatte ich auch noch die wilde Theorie aufgestellt, dass sowas in einer festen Formation wachsen kann, in einer sich fortwährend dynamischen ändernden Zusammensetzung womöglich geübt werden muss...oops - bin in damit OT?...

...zu diesem Video gibt es übrigens auch noch ein 15 minütiges zweites Video welches KEINE verkürzte Zusammenfassung ist sondern noch ein paar nette insights bietet...muss mal sehen, ob ich den link noch finde...

Edith sagt: da isser, der link

 
Zuletzt bearbeitet:
Das waren noch zeiten! Hahaha - aber immernoch gut (Nur mal zum vergleich angeführt)
 
ja, wenn ich abhotten will brauche ich aber auch keine Bühnen Performance.
Der elektronik Musiker sollte sich ab einer bestimmten Bühnen Größe einfach gar nicht mehr in den Performance Mittelpunkt stellen. Er sollte sich Hilfe von anderen Kunstformen holen.
 
Elektronische Musik live spannend darzubieten ist kein Problem, vor dem nur junge Nachwuchsmusiker stehen. Schon Karl Bartos wußte: "Es ist nicht sonderlich spannend, vier Typen hinter Bügelbrettern zuzuschauen."
Dasselbe Problem hat seit jeher auch Jarre, und bei dem wird die Musik tatsächlich von Händen auf schwarzen und weißen Tasten gemacht, also müßte es eigentlich was zu gucken geben. Ist aber trotzdem nicht genug. Und das ist der Grund für Jarres überbordende Lightshows: damit's überhaupt was Interessantes zu sehen gibt.

Das Problem, das der Nachwuchs an dieser Stelle hat, ist, daß er selbst für kleine Brötchen nicht das Budget hat. Das war früher noch ein Stück weit einfacher, als Musiker ihre Konzerte und Touren noch aus Albumverkäufen finanzieren konnten. Heute ist es zwar einfacher, was zu releasen, aber schwieriger, da Geld rauszuholen. Und dann stehen die Elektroniker da mit zwei Moving Heads und einem viel zu schwachen gebrauchten Wohnzimmerbeamer, weil es für mehr nicht reicht.

Was auch nicht unterschätzt werden sollte, ist der Umstand, dass bei Synthesizer-lastiger Musik ein erheblicher Teil der Konzertbesucher männlich, im gesetzteren Alter und ausgesprochen technik-affin ist. Ist mir bei der letzten Kebu-Tour aufgefallen, wo sich Kebu (der ja auch hier im Forum unterschiedlich wahrgenommen und geschätzt wird) sehr um eine Performance im klassischen Sinne bemühte. Derlei verpufft aber, wenn ein Großteil der Besucher damit beschäftigt ist, den aufgefahrenen Geräte-Fuhrpark aus allen erdenklichen Blickwinkeln abzulichten und nebenbei noch Gear-Talk betreibt, anstatt sich mal zur Musik zu bewegen.
Das hängt immer davon ab, wieviele Elektroniker im Einzugsbereich eines Elektronikgig sitzen. Ich hab Kebu im Süden Hamburgs gesehen, da waren von ein paar Dutzend Leuten außer mir vielleicht noch drei, vier andere Nerds da. Um so mehr Leute schienen eher von gitarrenlastigerer Musik zu kommen. Ich glaube, wenn Kebu Musik auf dieselbe Art machen würde wie Tangerine Dream 1974 bis 1978, wären die nicht gekommen.

Ich gehöre zu den Konzertgängern, die umso skeptischer werden, desto mehr Technik in den Vordergrund gerückt wird -- da stelle ich mir mehr als einmal die Frage, ob jetzt das verwendete Equipment meine Wahrnehmung vernebeln soll oder ob das auch mit der Hälfte an Geraffel ginge. Das Node-Konzert in London ist ein gutes Beispiel dafür.
Bei Kebu hat genau das einen wunderschönen Vorteil: Die Menge an Equipment wirkt ehrlich. Die unterstreicht nämlich die klangliche Vielfalt, eben weil die überwiegend alten Kisten aus der "B-Mannschaft" (er fährt ja außer dem Andromeda keine Schlachtschiffe auf) nicht so sagenhaft viel können. Wenn Kebu das, was er macht, auf einer Burg spielt, die um ihn herum aufgebaut ist, dann kauft man ihm das auch ab. Wenn er das alles aus ein, zwei Keyboards holen würde, würde sich zumindest der Laie verarscht vorkommen – noch viel mehr, wenn das USB-Controller an einem Laptop sind.

Auf Kebus Konzerten ist der Sequencer ja auch kein zentraler Teil der Performance. Dafür ist seine Musik zu melodiös und zu sehr inspiriert von Jarre, Vangelis und Moroder. Einen Sequencer benutzt er nur, um die Sachen zu erzeugen, wo er nicht genug Hände hat, um sie gleichzeitig per Hand zu spielen. Er muß auf seinen Konzerten sogar "zugeben", daß einige Sachen vom Sequencer kommen.
 
Auf Kebus Konzerten ist der Sequencer ja auch kein zentraler Teil der Performance.
Das stimmt (leider) nicht. Ich hab ja Kebu mal interviewed (kommt irgendwann mal auf Amazona). 70% - 80% kommen von der MPC als MIDI-Sequencer. Nur Melodien und manche Polyphon-Licks spielt er selbst. Vieles was er selbst spielt ist per MIDI aus dem Sequencer nochmal auf einem anderen Synth gedoppelt. Der Mann hat halt auch nur zwei Hände. Woher sollten die knackvollen Arrangements denn sonst kommen, wenn nicht vom Sequencer?
 
Damit meinte ich, daß er den Sequencer nicht auf die Art in den Vordergrund stellt, wie es bei Clubgigs und TD-Gedächtnissachen passiert: als das Gerät, das im Prinzip die Melodien, Basslines etc. spielt, derweil der "Musiker" nur an Sounds dreht und Parts zuschaltet/mutet.

Verglichen mit einem Großteil der heutigen Elektroniker ist Kebu immer noch viel mehr hands-on auf die traditionelle Art.
 
Das stimmt (leider) nicht. Ich hab ja Kebu mal interviewed (kommt irgendwann mal auf Amazona). 70% - 80% kommen von der MPC als MIDI-Sequencer. Nur Melodien und manche Polyphon-Licks spielt er selbst. Vieles was er selbst spielt ist per MIDI aus dem Sequencer nochmal auf einem anderen Synth gedoppelt. Der Mann hat halt auch nur zwei Hände. Woher sollten die knackvollen Arrangements denn sonst kommen, wenn nicht vom Sequencer?

Man sieht hier schön zwischen diesen beiden Auftritten wie es durch die grössere Bühe es umso schwieriger wird die menschliche Komponente der Performance überhaupt noch zu erfassen.

Hier klappt es noch ganz gut.


Hier wirds schon schwieriger und gibt beinahe kaum mehr rüber als eine DJ-Performance auf einem Festival. Manche Gestick ist sogar ebenso anzutreffen

Wenn man noch bedenkt, dass der Konzertbesucher die Nahaufnahmen gar nicht hat und nur die Sicht von der Ferne.

Auch hier ist doch letztlich das Equipment und die "Performance" eher störend.


In letzter Konsequenz ist es dann wie bei FSOL und man ist gar nicht mehr physisch vor Ort sondern liefert den Sound und sich selbst als Stream auf die Bühne.


Es reduziert sich letztlich bei rein elektronischer Musik auf das visuelle Erlebnis, losgelöst von den Musikern wenn die Bühne gross wird. Das Problem haben zwar auch die klassischen Instrumente, doch das Gefühl für die menschliche Performance bleibt da meiner Meinung nach erhalten. Bei elektronischer Musik verspüre ich eine Distanz zwischen Musiker und Instrument und die wird grösser je weniger man sieht bzw. je grösser die Distanz wird.
Und wenn dann die ganze Performance auch noch ein einzelner hinbrettert bleibt immer das komische Gefühl, dass selbst das was er als Live darstellen möchte, nicht Live gespielt wurde ohne ihm das bewusst zu unterstellen, tricksen können ja schliesslich alle. Blöderweise je perfekter er es spielt umso mehr verstärkt sich das.

Klar, das was man tut tut man dem eigenen Anspruch gerecht zu werden und nicht primär fürs Publikum und das Talent dafür möchte ich keinem absprechen. Mir geht es primär darum um das Erlebnis für den Betrachter und die Erklärung dafür warum wohl viele bei steigernder Bekanntheit auf ihrer Bühne den Anteil an klassischen Instrumenten erhöhen bzw. eben auf das visuelle setzen bzw. gibt es Ideen/Lösungen um genauso diese beiden Wege nicht gehen zu müssen und die Performance auch auf grossen Bühnen menschnlich macht.

Da stellen sich mir die Fragen :

- Kennt jemand Video-Kunst-Foren ?
- Was sind das für Schnttstellen die für eine abgestimmte Light-Show sorgen ? DMX-512A ?
- Gibt es MIDI-2-CGI-Lösungen ?
 
In diesen beiden Threads hier im Forum wurden bereits Links zu Visualisierungs-Software gesammelt. Viele Lösungen können mittels Midi (oder Audiofrequenzanalyse / Beatermittlung) Videos oder Visualisierungen synchron triggern:
https://www.sequencer.de/synthesizer/threads/visualisierung-videosynthesizer.92593
https://www.sequencer.de/synthesizer/threads/kennt-jemand-freeware-visualizer-software.104200

Zu Video-Kunst-Foren:
Ist mir nicht bekannt (beschäftige mich aber auch nicht damit).
Würde tendentiell eher in "Motion Graphics" Foren schauen - z.B. hier http://mograph.net/board/index.php

Zur Lichtsteuerung:
Genau, DMX via Midi.
Gibt hier z.B. Tutorials für Ableton Live
https://www.ableton.com/de/blog/drum-arpeggiator-and-dmx-lighting-control-two-new-tutorials-dubspot/
 
Moin .-)

Der 'Beziehungsraum' Bühne <--> Publikum ist nicht nur bei Elektronikern manchmal ein Problem... Ich zitiere hier mal aus der Biografie von Joe Zawinul:

"1986 begann ich, allein zu konzertieren. Vom Musikalischen her zählten diese Soloauftritte für mich zum besten, was ich je gemacht habe. Aber die Zuschauer hatten oftmals den Eindruck, ich würde mit vielen Einspielungen arbeiten. In einer Kritik aus Berlin stand, ich würde wie ein Radiomacher hinterm Pult sitzen und nur noch Sounds aufdrehen. Blödsinn, denn ich spielte alles selbst - linke Hand, Solo, Begleitung. Nur eine Drummaschine habe ich verwendet. Ich kam dann auf eine komische Tatsache drauf: Wo immer die Leute sahen, was ich mache, wurden die Solokonzerte ein voller Erflog. Also in Arena-Bühnen, wo die Leute auf mich herunterblicken konnten. Doch war die Bühne erhöht, und die Zuschauer konnten nicht mal meine Hände sehen, dann bekamen sie keine Beziehung zu dem, was sie hörten."

Jenzz
 
Zuletzt bearbeitet:
Verglichen mit einem Großteil der heutigen Elektroniker ist Kebu immer noch viel mehr hands-on auf die traditionelle Art.

Vor allem verkauft er seine Performance clever. Darauf kommt es an. Ob was vom Macbook oder MPC kommt, ist dem Publikum nicht wirklich wichtig. Die Performance verkaufen bedeutet, die Verbindung zum Publikum aufnehmen. Das gelingt manchen Gitarre spielenden Singer/Songwritern genausowenig wie Elektronikern. Nichtmal Augenkontakt erlebe ich bei denen, geschweige denn, das Heft in der Hand zu behalten und die Leute durch das Programm führen. Wenn ein MPC Artist ausnahmslos astreine Grooves liefert und vielleicht gelegentlich einen sichtbaren Move, der dem Track entsprechend plausibel ist, dann kann das auch mal reichen. Ist aber sicherlich die Ausnahme. Die Kunst besteht darin, das was man anzubieten hat, so gut es geht auszuwalzen und eben zu verkaufen. Wer da also live spielt, kann sich ruhig angucken, wie das andere Leute machen, fast egal welche Stilrichtung. Auch Fußgängerzone oder Marktplätze in südlichen Ländern sind eine gute Lernstelle, wie man es macht oder eben nicht hinkriegt. Dort kriegen die Akteure umgehend klargemacht, ob sie Leute zum Stehenbleiben bringen, oder das eben nicht tun. Hat oft aber nicht immer was mit der musikalischen Qualität zu tun.

@Jenzz Die Zawinul Story erinnert mich an ein Tomita Konzert in der Jahrhunderthalle FFM-Höchst. Vorgruppe Rennaissance hat gut abgeräumt, viel Bewegung, viel Performance. Dann kam er und hat sich hingesetzt, seine 8-Spur sichtbar in Gang gesetzt, dazu am Mischpult Slider bewegt, hin und wieder auf einem Keyboard einen Part gespielt. Obwohl die Musik ja extrem intellektuell und dynamisch ist, der Funke ist einfach nicht übergesprungen, es war simpel total langweilig. Schade drum, und das sage ich als erklärter Tomita Fan. Aber die Gründe waren genau die, die Zawinul geschildert hat.

Dass etwa die stillsitzenden Tangerine Dream keine sichtbare Performance brauchten, lag sicherlich einerseits am Dope, in Saarbrücken lagen die Leute horizontal auf dem Boden der Uni-Turnhalle und waren allesamt breit wie die Autobahn, und andererseits wohl an der Fülle der durchweg analogen Synthesizer plus Mellotron. Und das kann man dann als Ausnahme betrachten, wo es halt auch mal so funktioniert. Ob das heute noch so klappen würde? Ich glaube nicht.
 
[...] Dass etwa die stillsitzenden Tangerine Dream keine sichtbare Performance brauchten, lag sicherlich einerseits am Dope, in Saarbrücken lagen die Leute horizontal auf dem Boden der Uni-Turnhalle und waren allesamt breit wie die Autobahn, und andererseits wohl an der Fülle der durchweg analogen Synthesizer plus Mellotron. Und das kann man dann als Ausnahme betrachten, wo es halt auch mal so funktioniert. Ob das heute noch so klappen würde? Ich glaube nicht.

Das Publikum bei den einschlägigen Verunstaltungen ist heute nicht mehr breit -- allenfalls aus dem Leim gegangen --, und die Musiker selbst sind i. d. R. auch erschreckend nüchtern. Dann fehlt noch der befreiende Impuls, den diese Musik in den frühen 1970ern geliefert hat -- mal was Anderes hören und machen als man immer von den Altvorderen vorgeschrieben bekommen hatte. Dieser befreierisch-befreiende Gedanke fehlt ja heute völlig in einer völlig übersättigten und zu Tode sedierten Umwelt. Dazu kommen noch die grundlegend geänderten Hörgewohnheiten und die immer raschere Taktung von Stimuli -- entziehe den Leuten das, woran sie gewöhnt sind, und sie werden die plötzliche Abwesenheit von Reizen als Bedrohung wahrnehmen.

Da Kebu ständig reizt, kommt das natürlich besser an als drei Bekiffte hinter Farfisa und Mellotron und vor blinkenden Lämpchen auf großen Schaltschränken.

Stephen
 
Wie wir beim Kebu Interview von Florian lesen können, waren bei seinem Gig in München nur eine handvoll Leute da. Die hinterher Gründe suchen, warum es so wenige waren.

Das ist keine Ausnahme, für Veranstalter ist es oft nicht mehr kalkulierbar, wieviele trotz Werbung kommen. Bei mir um die Ecke ist ein kleines Lokal, die machen jeden Montag Wohnzimmerkonzert. Es kommen Künstler aus aller Welt und die Zahl der Besucher ist teils völlig unterschiedlich und hängt nicht im Geringsten an Popularität oder Werbung. Auch das Verhalten der Leute ist mal so und mal so. Bei einem Künstler unterhalten die sich, durchaus auch in Lautstärke und der oder die Musiker sind dann nebensächlich. Ein anderes Mal ist es mucksmäuschenstill und das Publikum hört andächtig zu oder geht auch ziemlich mit.

Auf eine Weise ist mir alles das auch rätselhaft, immerhin bin ich ja selber Livemusiker und habe schon viele Locations aus Bühnensicht gesehen, und weiß um diese Unterschiede aus eigenem Erleben. Andererseits besuche ich auch recht viele Gigs und es lässt sich irgendwie kein roter Faden erkennen seit einigen Jahren.
 
Wie wir beim Kebu Interview von Florian lesen können, waren bei seinem Gig in München nur eine handvoll Leute da. Die hinterher Gründe suchen, warum es so wenige waren. [...]

Ein Veranstalter szenespezifischer Konzerte meinte mal, es gäbe mittlerweile einfach zu viele Gelegenheiten, irgendwo hinzugehen, weil in diesem Bereich ein Überangebot an Konzerten und Minifestivals herrsche, wo im Prinzip auch weitestgehend dieselben Leute herumgereicht werden für Auftritte -- da das (Stamm-)Publikum immer älter werde und sich die persönlichen Prioritäten eher dahingehend verschöben, an einem Wochenende auch mal zuhause zu bleiben und nicht jede Kleckerveranstaltung mitzunehmen, sänken natürlich auch die Zuschauerzahlen. Solidarität bis zu einem gewissen Punkt läßt sich beobachten, aber die Leute nähmen -- in seinen Worten -- nicht mehr alles mit.

Was für Kebu innerhalb des kuscheligen Rahmens einer szenetypischen Veranstaltung funktioniert, muß nicht zwangsläufig auch draußen in der freien Wildbahn funktionieren, wo einem der rauhe Wind der Konkurrenz um die Nase weht -- oder einfach der des schieren Desinteresses, denn wer von den unbedarften Gelegenheitskonzertgängern, die nicht zur Szene (Synthi oder EM) gehören, weiß schon, daß Kebu einer der ganz Großen ist...? Das ist so wie Schwimmen im Kinderbecken im Vergleich zu draußen auf der Nordsee im Sturm, nachdem die eigene Nußschale untergegangen ist, bevor man einen Notruf absetzen konnte. Was in Finnland funktioniert, weil man mangels Konkurrenz ziemlich alleine auf weiter Flur steht, stellt sich andernorts schon ganz anders da.

Das rückt die Verhältnisse dann wieder in Perspektive, vor allem für den Künstler und seine Selbstwahrnehmung.

Stephen
 
Halb OT
Ich find den einen Musiker hier von Sleaford Mods links am Laptop auch echt lässig.
Einfach zum Voll-Playback rumstehen und mit nem Bier in der Hand abhängen.
So kann ne Party auch laufen :)

Cool, mit dem Live-Act kann ich mich anfreunden!
 


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