so stelle ich mir modular vor

serge schrieb:
Ich spiele zwar lieber Akkorde auf dem Fingerboard, aber auch dafür käme ich mit vier Stimmen prima hin. Ich spiele aber größtenteils mit der internen Klangerzeugung des Continuums, die ja mehr als 8 Stimmen bietet.
geht mir genauso
 
zurück zum Thema (das ja keineswegs an Aktualität eingebüsst hat 2-3 Jahre später), ich stelle mir elektronische Musik auch so vor wie im ersten Beitrag. Und wenn es noch live gespielt wird ist für mich der musikalische Wert noch viel grösser. D.h. es wird da erst richtig interessant, da sowas dann auch auf der Bühne zusammen mit anderen Instrumenten aufgeführt werden kann.

Den Vorwurf des "unorganisierten Lärms" ist verständlich, ich finde das Gespielte auch nicht wirklich schön. Ich sehe einfach das riesige Klangpotential, wenn einer so schnell und so direkt den Klangcharakter ändern kann. Im Kontext mit anderen Livemusikern kann das zu Erlebnissen führen, die es so noch gar nicht gegeben hat.
 
mich beeindruck die buchla elite nicht besonders. das erinnert mich immer an wohlhabende zahnärzte die am wochende den karbonrenner aus der garage holen und dann mit 42 automatisch geschalteten gängen an der ersten steigung schlapp machen. da finde ich sowas wie die silver apples viel beeindruckender. die haben sich in den 60gern aus laborgeräten ihre eigenen synthis gebaut, einschliesslich der "interfaces" und geben damit heute noch konzerte. die haben zb kapiert dass man mit einem sehr grossen drehregler die frequenz einer melodie manuell machen kann ... ohne midi oder 20k equipment und die sind sogar eine "band" ... was musikalisch immer wertvoller ist als das beste equipment. flame off!

 
Silver Apples ist beeindruckend wegen dem Instrumentarium und der eingesetzten Stimme, aber das Resultat ist dann doch recht mager. Singen kann er auch nicht, was sehr schade ist. Mit mehr Übung könnte er das hinkriegen. Die nicht quantisierten Oszillatoren beherrscht er recht gut, das gefällt mir. Respekt auch vor seinem hohen Alter; ich sehe mich mit 60 auch so ähnlich. Körperlich verfallen (alt), aber sehr lebendig. Mit ein oder zwei Schritten voraus, immer noch interessiert an der Sache.

Es ist der theoretische Beweis, dass man kein Buchla braucht, um gute elektronische Musik zu machen. Hat auch nie jemand behauptet. Da aber Buchlasysteme mit deren intuitiven Kontroll- und Modulationsmöglichkeiten einfach geeignet sind für Liveperformance sieht man gute Sachen (live) nicht so oft mit anderen Systemen. Das ist etwas, was ich ändern möchte. Brauche wohl noch etwas Zeit, das zu realisieren, aber das kommt noch.

Nur schon ein relativ billiger QuNeo kann da vieles bewirken. Eines der 16 Pads kann eine Note, X, Y, Velocity und Pressure auf verschiedene MIDI CCs ausgeben. Diese Parameterflut in mannigfaltige Steuerspannungen wandeln, in ein geeignetes, idealerweise transportables Modularsystem führen, und schon hat man ein sehr gutes Performancesystem. Das ist eines meiner Pläne für diesen Winter, allerdings erst mal nur im Studio. Später, mit dem Bau eines schon seit längerem aspirierten Mobilsystems, auch live.
 
das ist schon alles in ordnung was der don da erfunden hat. was ich meine ist dass das jeder für sich selbst machen sollte weil jeder eben anders denkt und sein eigenes instrumentarium bräuchte. simeon von den silver apples kann gar nichts mit einem keyboard anfangen aber 9 oszillatoren mit drehreglern kann er problemlos bedienen. ich zb denke fast alles in zahlen im moment. also sitze ich seit monaten an pure data patches die eben aus zahlen sequenzen und melodien in meinem modular erzeugen. ich kann mit einem step sequencer nichts anfangen. mein lieblingsinstrument ist zb ein numerische interface für alle 167 parameter des waldorf microwave. das ist für mich total übersichtlich aber das hab ich mir eben erst mal selbst gebaut. das hat der don buchla für mich nicht gemacht und da helfen auch kein 30 kilosteine auf dem konto weiter. das wollte ich damit sagen ...
 
ich denke, wir verstehen uns hier. Auch mit beschränkten Mitteln lässt sich bemerkenswertes, sogar grossartiges erschaffen.

Kürzlich habe ich was von Daniel Miller gelesen. Er sagte, dass die Elektronikpioniere Ende 70er den eigentlichen Punk Rock gemacht haben.

Ich finde das nicht abwegig, im Gegenteil. Was '76 als Punk verkauft wurde hatte sehr viel mit Fashion und Style zu tun, abgeleitet von schon vorhandenen Strömungen wie Glamour Rock, und propagiert von cleveren Geschäftsleuten und Journalisten. Später dann mit Slogans und T-Shirts wie "Punk's not dead" zugedeckelt. Was aber wegen fehlender Substanz immer noch nicht funktionierte. Nee, das was auf billigen 4-Spur-Recordern mit einfachsten Instrumenten produziert wurde war eigentlich Punk. Selbstgemachtes. Ohne fremde Hilfe, manchmal ohne musikalische Ausbildung, aus lauter Freude. Ungehörte Klänge mit Casio, MS-20, Stimme mit guten Texten, und was sonst noch zur Verfügung stand, wenig Geld, und viel Einfallsreichtum.

Das hat sich heute eigentlich nicht geändert. Die Schnösel mit ihren teuren Modularsystemen sind musikalisch gesehen in der Regel völlig unbedeutend. Dieser Lionel macht immerhin einige interessante Videos, wo man sehen kann, was möglich wäre mit so einem System, wenn ein echter Musiker damit arbeiten würde. Mit pd ein Modularsystem ansteuern ist grossartig, das führt die Selfmadetradition weiter, mit einfachen Mitteln. Aber die Mittel bzw. das Budget spielen im Prinzip keine Rolle. Morton Subotnick hat als einer der wenigen Ausnahmen von seinem Privileg Gebrauch gemacht und epochale Werke geschaffen, andere kamen halt nicht weiter als sich an den blinkenden Lämpchen zu erfreuen.

Mir scheint die Zeit reif zu sein für Billigcontroller/pd und Modularsystem. Die Zeit für elektronische Musik, und auch Liveaufführungen.
 
coole videos, das mit den exp instrumentarium,
ich denke es geht hier primaer nicht um elitaer oder wohlhabend, sondern das machbare mit dem was man hat.

es klingt leider immer sehr der neidfactor bei buchlakritikern mit... sinnvoller ist es doch die abstraktion dessen
was da produziert wird, als solche zu belassen
bin auch immer wieder erstaunt wie schwierig es einigen damit geht, von konventionellen schubladen wegzudenken.
auch musikalisch.
 
Phil999 schrieb:
Kürzlich habe ich was von Daniel Miller gelesen. Er sagte, dass die Elektronikpioniere Ende 70er den eigentlichen Punk Rock gemacht haben.

Fashion und Style
fehlender Substanz
billigen 4-Spur-Recordern
Selbstgemachtes
Schnösel mit ihren teuren Modularsystemen
Wenn ich mich richtig erinnere, ging es ihm da um die musikalische Rückwärtsgewandheit des Punk (Rock'n'Roll) im Gegensatz dazu, dass die Synth Pop Pioniere ja zwar als Pop bezeichnet wurden, aber mit ihren elektronischen Klängen viel avantgardistischer waren. Mit dem Wert der Instrumente hat das nichts zu tun.
 
Gibt es ernsthafte Komponisten, die Buchla verwenden? Braucht die Musikwelt Buchla und wenn ja warum?
Mir kommt es vor, als wäre Buchla ein "echtes" Musikinstrument das auch gekonnt gespielt werden möchte. Vielleicht auch mit ein Grund, warum so viel musikalischer Müll zu hören ist.
 
naja, alt eben. "Verfallen" mag etwas drastisch klingen, aber machen wir uns nichts vor, das Bindegewebe ist mit 60 einfach nicht mehr so straff wie in der Jugend. Sehe ich schon bei mir mit 45. Ist doch völlig in Ordnung. Und auch nicht wesentlich. Wesentlich ist die Lebendigkeit.

Neid: liegt irgendwie auf der Hand, wenn man wenig oder weniger hat. Finde ich auch ganz normal. War auch ein Grund, weshalb ich für mich in den letzten zwei Jahren extra möglichst minimal gearbeitet habe, um mir selber zu beweisen, dass es eben keine Modularwände braucht, um spannende Sachen zu produzieren.

Buchla: ich würde es begrüssen, wenn nicht immer die selben Plattitüden wiederholt würden.

Mir geht es primär um die Musik, die elektronische. Die hat für mich noch gar nicht richtig stattgefunden. Vor allem auf der Bühne. Da treibe ich mich und andere gerne an, sich mehr Mühe zu geben, innovativer zu sein, daran zu glauben. Und das Controlling ist da einfach enorm wichtig, weil man nur zwei Hände und zwei Füsse hat. Seit FaceOSC nun auch auf Windows läuft, kann ich sogar mit Augenbrauen und Mund Synthesiser steuern. Den Leap Motion Controller würde ich auch gerne einbinden, muss da aber noch erst eine Kreditkarte haben, damit ich die nötige Software kaufen kann. Ist alles nicht so einfach, das braucht seine Zeit. Und Zeit ist häufig etwas knapp.
 
noch was aus meinem labor letzte nacht, damit ihr versteht was ich mit zahleninterface meine. der track wird komplett so wie ihr ihn hört aus PD mit zahlen in meinem modular generiert, links oben auf soundcloud ist das diagramm. bis auf anfang und ende sind da keine edits drin. die melodien werden mit sample and hold aus sinuswellen generiert. das könnte ich so auf der bühne mit einem midi interface spielen und auch mit ein paar zahlenedits vollkommen verändern. das ist für mich das ideale squencerinterface ... klingt wie frühe boards of canada finde ich, das ist aber eher zufällig und liegt wohl an den schrägen moll akkorden.

src: http://soundcloud.com/lilakmonoke/ishq-allah
 
lilak schrieb:
mich beeindruck die buchla elite nicht besonders. das erinnert mich immer an wohlhabende zahnärzte die am wochende den karbonrenner aus der garage holen und dann mit 42 automatisch geschalteten gängen an der ersten steigung schlapp machen. [...]

"Hä-hä-hä-hä." (J. R. Ewing)

Stephen
 


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