Wert von Vintage-Synths für aktuelle Produktionen

Ich möchte mal folgende Frage in den Raum werfen (ich hoffe, es wurde nicht woanders bereits ausführlich diskutiert, hab zumindest nichts gefunden):

Welchen Wert haben Vintage Synthesizer-Klassiker für aktuelle Produktionen gegenüber 'modernen' Hardware (!) Synths?

Also z.B. Jupiter-8, Minimoog, Prophet 5, Matrix 12, PPG Wave, DX7 etc. gegenüber aktuellen Synths z.B. von DSI, Moog, Nord, Arturia, Waldorf, Novation etc.

"Wert" beziehe ich in diesem Sinne einerseits auf Kriterien wie Sound/Klang bzw. Features für die Klangerzeugung (was "kann" der Synth) sowie andererseits auf eine möglichst effiziente Einbindung in aktuelle Produktionsumgebungen (DAW).

Im Forum wie auch woanders wird bei neuen Synths viel und intensiv diskutiert, wie nahe diese an die Klassiker herankommen - klingt jetzt der Pro 2 wie ein Pro 1 oder der Sub 37 / Voyager wie ein Minimoog? Für mich stellt sich hier eher die Frage - muss bzw. soll er das denn überhaupt? Ist der Klang z.B. eines Pro 2 vielleicht nicht sogar "besser" geeignet für aktuelle Produktionen? Von der Einbindung in die Produktionsumgebung ganz abgesehen (z.B. volle MIDI/CC Steuerung etc.).

Unter "aktuelle Produktionen" verstehe ich vor allem eher auf Mainstream ausgerichtete EDM bzw. Musik mit starker Synthesizer-Einbindung. Ich weiß, allein über den Begriff EDM kann man ewig diskutieren, ich würde hier einfach gerne auf prinzipiell Charts-taugliche, aber schon mit hoher Qualität produzierte Musik fokussieren. Als Beispiele nenne ich mal wahllos Künstler die mir spontan einfallen, wie Gus Gus, Lamb, Disclosure, deadmau5 und ein Teil der "EDM Top 100" (ich weiß, eine ziemliche Bandbreite :roll: ). Vielleicht ergibt sich in der Diskussion auch noch eine bessere Ein- bzw. Abgrenzung.
 
Synthesizer sind Produktionsmittel und je nach eigener Vorliebe wird man sich für den Einen- oder Anderen entscheiden.
Mit einem PPG wird man keine Trancehupe machen wollen, dafür wäre er der falsche Synthesizer.
Aber wer auf der Suche nach seinem eignen Sound abseits der populären Gepflogenheiten sucht, wird auch schnell
fündig werden. Daher Wert? Wieviel ist dir denn ein eigener persönlicher Sound wert?
 
Also ich kannte bisher nur ein Profi-EDM-Produzenten-Duo. Deren Arbeitsweise war: Das neueste Ultrateuerplugin reinladen, alle Presets ausprobieren und wenn nix dabei ist weiter zum nächsten. Den beiden hat das irgendwie enorm viel Spass gemacht, sie haben sich auch selbst immer wieder gegenseitig gelobt für ihre hartnäckige Ausdauer, die angeblich den Unterschied zwischen Profi- und Amateurmusiker macht. Aber für mich hat das ausgesehen wie die übelste Zeitverschwendung, die man sich überhaupt vorstellen kann. Ich bin mir sicher: Wenn die einfach hin und wieder aus ihren Sesseln aufgestanden wären, und einen von den 1000 Vintagesynths oder High-End-Rack-Effekten in ihrem Studio angeschlossen und zwei drei Knöppe angelangt hätten, dann wären sie nach 10 Minuten fertig mit ihrem Stück gewesen.

Aber gut, da das Studio so gerammelt voll war mit Equipment, könnt ich mir auch vorstellen, dass sie sich bewusst für diese Arbeitsweise entschieden und die tatsächlich für effektiver gehalten haben.
 
Ich gehe jetzt mal nur von der Verwendung von Hardwaresynth aus.

Echten "Wert" für die Produktion, haben neue Synth natürlich einen wesentlich höheren, wie irgendwelche alten Vintage Veteranen.
Schon alleine was die heute alles können, da kann keiner der alten Garde noch mithalten.
Der vielgerühmte, analoge Klang, auch der wird von modernen Synthesizern bestens beherrscht, oder nachempfunden.
Natürlich höre auch ich Nuancen, hier vor Ort, bei mir im "Studio", aber spätestens nach der Aufnahme ist das alles schon wieder gleich gebügelt.
Dann noch mastern usw., da hört das kein Mensch mehr raus, kann man also vernachlässigen für Studio Produktionen.
Live verhält sich das allerdings etwas anders, wenn man die Schufterei noch auf sich nehmen will...


Für mich haben die Vintage Produkte nur einen rein nostalgischen Sammlerwert, bestenfalls noch zum "vorzeigen", wenn man ein entsprechendes Studio und Publikumsverkehr hat. Denn die meisten Leute verbinden das Wort Synthesizer noch immer mit 50kg schweren, 1,20m Brocken.

Hardwaresynth sind ja überhaupt nur noch wegen ihrer Haptik, dem Gefühl, der Optik und dem Empfinden bei der Bedienung am Markt, sonst wären die längst von den billigen Computerprogrammen vom Markt gefegt worden.
Da diese Empfindungen jetzt aber von immer mehr, gerade auch jungen Leuten, wargenommen werden, ist damit vorläufig auch kein Ende in Sicht... :supi:


PS: alles natürlich nur meine persönliche Meinung ;-)
 
Trooper schrieb:
Der vielgerühmte, analoge Klang, auch der wird von modernen Synthesizern bestens beherrscht, oder nachempfunden.
Natürlich höre auch ich Nuancen, hier vor Ort, bei mir im "Studio", aber spätestens nach der Aufnahme ist das alles schon wieder gleich gebügelt.
Dann noch mastern usw., da hört das kein Mensch mehr raus, kann man also vernachlässigen für Studio Produktionen.

Ich meine es kommt immer auf den Zusammenhang an. Das Vintagegerödel hat um so mehr klanglichen "Wert", je mehr es sich zu einem "Vintage Gesamtklang" verbindet. Oder anders gesagt, ein einzelner Moog zwischen lauter Softsynths bringt nicht viel, aber wenn eine Produktion größtenteils mit alten Zeug gemacht wird, hört man das schon eher.
Wobei.... bei EDM dürfte es wirklich ziemlich egal sein.
 
FunKeyLicious schrieb:
Gus Gus, Lamb, Disclosure, deadmau5 und ein Teil der "EDM Top 100"
Ich würde mal sagen, bis auf Gus Gus sind das alles Acts die NICHT mit analoger Hardware produzieren, weder mit alter noch mit neuer. Von daher glaube ich dass die Frage so beantwortet werden kann:

Der Wert von Vintage-Synths für aktuelle Produktionen ist genauso hoch wie der von neuen analogen Hardware-Synths: Nahezu null.


Ergänz: sowohl Lamb als auch Disclosure wurden mit VA-Hardware gesichtet...
 
fanwander schrieb:
FunKeyLicious schrieb:
Gus Gus, Lamb, Disclosure, deadmau5 und ein Teil der "EDM Top 100"
Ich würde mal sagen, bis auf Gus Gus sind das alles Acts die NICHT mit analoger Hardware produzieren, weder mit alter noch mit neuer. Von daher glaube ich dass die Frage so beantwortet werden kann:

Der Wert von Vintage-Synths für aktuelle Produktionen ist genauso hoch wie der von neuen analogen Hardware-Synths: Nahezu null.


Ergänz: sowohl Lamb als auch Disclosure wurden mit VA-Hardware gesichtet...
Deadmau5
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Ob er/man das braucht, sein Steuerberater ihm das empfohlen hat etc. kann ich mangels Kenntnis der Musik nicht sagen...
 
hertzdonut schrieb:
Die Bilder sind bekannt, aber spiel mir einen Track vor, in dem erkennbar der Sergekram als technisch notwendiges Element vorkommt. Er mag Einzelsounds davon samplen, ab er nötig oder relevant (siehe Fragestellung!) ist das Zeugs für seinen Sound nicht.
 
intercorni schrieb:
Synthesizer sind Produktionsmittel [...]

Gute Synthesiser sind in allererster Linie *Instrumente*, die einem dabei helfen, sich selbst als musikalische Persönlichkeit auszudrücken. Ob man dafür eine Penispumpe à la Emerson braucht, weil man eigentlich gar keine Ahnung von Synthesisern hat, sondern nur auf Dicke Hose TM steht (ansonsten aber keinen mehr hochkriegt), oder ob man das eher pragmatisch ausrichtet, ist Frage der Musik und der Persönlichkeit dessen, der sie macht.

Ich möchte allerdings noch die überzeugende Rhodes- und Clavinet-Simulation hören, die mir Begeistertes Grinsen TM auf's Antlitz zaubert... von der Hammond B3 mit zwei 147er Röhren-Leslies mal ganz zu schweigen.

Im *Bühnen*- und *Tour*-Alltag sieht die Entscheidung schon wieder ganz anders aus -- da würde ich mich auch für ein paar Nord-Surrogate entscheiden, bevor ich 250 Kilo Hammond mitschleppe... oder irgendeinen doofen neuen Moog, damit mir der alte Mini nicht geklaut wird oder vom Tourtruck fällt.

Stephen
 
ppg360 schrieb:
Gute Synthesiser sind in allererster Linie *Instrumente*, die einem dabei helfen, sich selbst als musikalische Persönlichkeit auszudrücken.
Auch. Ich kenne jedoch keinen Violonisten der von sich behauptet, er können sich nur mit einer Stradivari optimal ausdrücken ;-)
 
intercorni schrieb:
ppg360 schrieb:
Gute Synthesiser sind in allererster Linie *Instrumente*, die einem dabei helfen, sich selbst als musikalische Persönlichkeit auszudrücken.
Auch. Ich kenne jedoch keinen Violonisten der von sich behauptet, er können sich nur mit einer Stradivari optimal ausdrücken ;-)

Der Stratovari ist ja auch ein gutes Klavier -- soweit ich das als Nicht-Trompetofoner beurteilen kann...

Stephen
 
Die meisten neuen klingen nicht wie "alte" und wollen das ggf auch nicht, so klingt Novations BS2 nach Roland, weiss nicht ob das Absicht ist - aber so ist es.
Aber der Pro2 zB klingt nicht wie der Pro One - aber dennoch kann man ihn ohne Frage in aktuellen Produktionen einsetzen und das sogar sinnvoll.

Vorteile liegen gegenüber Vintage in meist USB, aktueller MIDI CC Implementation und können nicht selten viel oder mehr.
Ansonsten müsste man zu jedem Synth sicher eine individuelle Antwort geben, aber brauchbar sind sie bisher alle und haben eben auch ihre Vorteile und Eigenheiten wie klassische Synths auch. Das liegt in Details wie Art und Charakter von Modulationsquellen oder dem Gesamtklang oder zB den FM Qualitäten oder anderen Spezialitäten. Und sie sind heute meist kleiner, nicht selten auch in SMD gebaut. Billiger als ihre Vorgänger in der Herstellung und besser bei der Präzision der Bauteile, ggf. aber auch mit einem anderen Sound, kleiner scheint ja in vielen Fällen auch am Sound Änderungen zu bringen.
 
Mic hat es angedeutet und einige andere auch. Eine Musik-Produktion ausschließlich mit Vintage Synths klingt ganz anders als mit modernen Synths.
Klang, klangliche Beschränkungen und besondere Eigenheiten vermischen sich zu einem Vintage Synth Klangkonglomerat das sich teilweise extrem von Produktionen ausschließlich mit modernen Synths abhebt. Ist alt und klingt alt.
 
Unter "aktuelle Produktionen" verstehe ich vor allem eher auf Mainstream ausgerichtete EDM bzw. Musik mit starker Synthesizer-Einbindung. Ich weiß, allein über den Begriff EDM kann man ewig diskutieren,

In diesem Umfeld sind vintage Geräte definitiv ohne Mehrwert .

Wenn man aber über edm hinausblickt, und dort aktuelle Produktionen betrachtet (Air , royksopp, massive Attack etc.) dann ist vieles dort schon auf vintage Equipment ausgerichtet, nicht notwendigerweise live, im Studio aber auf jeden Fall .
 
intercorni schrieb:
[...] Wieviel ist dir denn ein eigener persönlicher Sound wert?

Klaus Hoffmann-Hoock kam mal auf den Gedanken, bei mir CS80-Klänge für sein Memotron aufnehmen zu wollen, würde ich auch credits für bekommen. Meine Antwort, daß jemand, der diesen Sound haben wolle, gefälligst auch zwanzig Jahre nach diesem Instrument suchen möge, fand Klaus nicht so toll, sondern eher uncool.

Ich bin aber auch gemeinhin als Arsch bekannt, von daher...

Stephen
 
ppg360 schrieb:
Meine Antwort, daß jemand, der diesen Sound haben wolle, gefälligst auch zwanzig Jahre nach diesem Instrument suchen möge, fand Klaus nicht so toll, sondern eher uncool.

Da könnt ja jeder kommen! :harhar:
 
Nunja, das sagt vor allem etwas darüber aus, welche Spielarten der Elektronischen Musik du eher NICHT kennst. ;-)
 
Jörg schrieb:
Nunja, das sagt vor allem etwas darüber aus, welche Spielarten der Elektronischen Musik du eher NICHT kennst. ;-)

Florian sollte von Klaus nur die Alben kennen, auf denen ich mitgespielt habe :lollo: .

fanwander schrieb:
ppg360 schrieb:
Klaus Hoffmann-Hoock
Den musste ich auch erst mal guhgln; heiliger Bimmbamm, wo ihr die immer ausgrabt?

Ja, das frage ich mich auch manchmal :harhar: . Manche Leute sagen, ich hätte schon einen seltsamen Umgang...

Stephen
 
Jörg schrieb:
Nunja, das sagt vor allem etwas darüber aus, welche Spielarten der Elektronischen Musik du eher NICHT kennst. ;-)
Kennen tu ich das von damals, als es vielleicht bemerkenswert war, schon. Aber heute muss ich das nicht mehr hören. Ich hab ja auch mal Hillybilly gehört und Georg Kostyas "aus meiner Rocktasche" war meine Lieblingsradiosendung. Brauch ich heute auch nicht mehr.
 
Im Vergleich zu vielen anderen etablierten und sich selbst ewig wiederholenden Stilen steht die "klassische EM", über die man hier die Nase so gerne rümpft, noch ganz gut da.
 
FunKeyLicious schrieb:
Welchen Wert haben Vintage Synthesizer-Klassiker für aktuelle Produktionen gegenüber 'modernen' Hardware (!) Synths?

Also z.B. Jupiter-8, Minimoog, Prophet 5, Matrix 12, PPG Wave, DX7 etc. gegenüber aktuellen Synths z.B. von DSI, Moog, Nord, Arturia, Waldorf, Novation etc.

"Wert" beziehe ich in diesem Sinne einerseits auf Kriterien wie Sound/Klang bzw. Features für die Klangerzeugung (was "kann" der Synth) sowie andererseits auf eine möglichst effiziente Einbindung in aktuelle Produktionsumgebungen (DAW).
Die neuen Geräte kann man leichter in die DAW einbinden.
Die alten klingen halt anders. Wenn man was in Richtung Jarre oder des guten alten Synth-Pop machen will, klingen sie dafür besser. Jetzt kann man zwar sagen, das sei Geschmackssache, aber ich habe noch nie jemanden sagen hören, Synth-Pop klinge mit VA oder mit Plugins besser als mit Vintage-Geräten.

Wenn man Trance machen will, sieht die Sache wieder ganz anders aus. Da gibt es auch schöne Stücke wie z.B. dieses. Wenn man sowas machen wollte, wäre man mit einem Access Virus und vielleicht noch 'nem JP-8080 (und Plugins wie Sylenth, Spire oder Dune) besser bedient. Aber wenn ich mir das Stück anhöre und die Tussi in dem Clip dazu ansehe, denke ich, dafür bin ich zu alt, das ist einfach nicht meine Musik, es wäre lächerlich, bzw. eben unpassend für mich, sowas zu machen.
Passender wäre der alte Sound, was im Idealfall Vintage-Gear bedeuten würde.
Nun bin ich aber grundsätzlich skeptisch, was die Lebensdauer von Elektronik angeht. Im Ergebnis war's bei mir daher (auch preislich) als Kompromiß die BS2.

Aber ich will auch gar keine "aktuellen Produktionen", also sowas wie Pink oder Miley Cyrus oder Kelly Clarkson (Kelly wer? 6 Studioalben, 24 Millionen Alben und 39 Millionen Singles verkauft) machen (klingt für mich alles irgendwie gleich).

Das "aktuellste", was mir gerade mal aufgefallen ist, ist dieses:

Dafür braucht man sicher keinen Vintage-Synth. ;-)
 
Ich find es kommt auch immer auf den Musikstil an.

Bei Dance/EDM (z.b. Henry Fong - Scream) wird dir ein Minimoog und Jupiter 8 nicht so viel nützen wie Sylenth1 und Nexus2, das ist einfach so...
Bei Techno/Deep House hingegen kann so ein brachialer Minimoog Bass die Produktion durchaus stark aufwerten!

...also find ich jetzt...

lg
Michael
 


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