Naja, es gibt schon chinesische Hersteller, die das theoretisch könnten und dann z.B. einen innovativen Digital-Sample-Synthie herstellen könnten. Nur glaube ich, dass ein Markterfolg für sie alles andere als einfach ist.
Ich nehme mal zur Verdeutlichung ein Produkt des China-Importeurs Conrad. Die verkaufen ein Unterhaltungs-Keyboard (ein ungleich größerer Markt als der Markt für Synthesizerfreunde) namens "MC CRYPT MC-710" für 169 Euro. Der chinesische Hersteller dieser Ware dürfte Medeli sein.
* 76 Tasten (anschlagdynamisch, 4 Empfindlichkeiten einstellbar)
* 64-fache Polyphonie
* Automatische Begleitfunktion, diverse Modi
* 100 Stilistiken mit je 4 Variationen, 60 Songs u.v.m.
* 142 verschiedene Sounds - wirklich nicht übel, 60 Schlagzeug-Sounds
* Dual-Sounds möglich (am Markt immer noch sehr gefragt), 48 User-Speicher
* MIDI-I/O, Fußpedal-Anschluss
* Hall und Chorus (sogar überraschend brauchbar)
* Lautsprecher eingebaut
* rauscharm
Markterfolg bei uns? Nahe null.
Wenn selbst das nicht funktioniert - warum sollten sie sowas wie einen V-Synth mit exotischen Instrumenten herstellen? Ich glaube, so richtig spannend wird es erst, wenn der chinesische Binnenmarkt so stark ist, der Wohlstand in China so verbreitet ist, dass sie dann <i>für ihren eigenen Markt</i> leistungsfähige Synthesizer herstellen.
Das könnte dann der Fall sein, wenn die innere Wohlstandsentwicklung in China vergleichbar sein wird mit Japan in den 60er Jahren. Ich sehe aber ein ernsthaftes Problem:
<b>Exkurs wirtschaftsgeschichtliche Argumentation</b>
- sorry, bitte überlesen lieibe Synthesizerfreunde, falls das nervt -
Die japanische Gesellschaft war nach dem Zweiten Weltkrieg bis ca. Mitte der 70er Jahre enorm egalitär, ganz im Gegensatz zum heutigen China. Das hatte in Japan einen sehr guten ökonomischen Effekt, auch für die eigenen Industrie: Die Erfolge auf den Exportmärkten in den 60er Jahren wurden umgehend binnenwirtschaftlich umgesetzt (höhere und relativ gleichmäßig verteilte Löhne, breite massenwirksame Wohlstandsentwicklung usw.), und das war wiederum mit dem auch für die Wirtschaftsentwicklung spannenden Resultat verbunden, dass es dort ziemlich schnell eine mächtige japanische Binnennachfrage gab. Diese ganzen "typisch japanisch" minituarisierten Geräte in der Unterhaltungselektronik: Die erhielten ihren Anreiz zunächst im japanischen Binnenmarkt. Und dann erst ging es in Richtung Export...
In China scheint es jedoch gänzlich anders zu verlaufen. Der gemeine Arbeiter ist arm und wird ausgebeutet, teils äußerst brutal. Der erzeugt keine sonderliche Binnennachfrage. Umgekehrt gibt es ziemlich reiche chinesische Eliten, aber deren Nachfrage geht dann v.a. in Richtung westlicher Produkte. Die werden dann halt improtiert. Die binnenwirtschaftliche Anreizfunktion für die eigene Industrie entfällt - jedenfalls im Vergleich zu Japan in den 60er Jahren.
(Wenn man will, könnte man beim deutschen Exportboom der letzten 20 Jahre einen ähnlichen Befund anstellen: Es wird zwar im Export viel Geld verdient, aber die Binnennachfrage bekommt davon ziemlich wenig ab. Es gibt Ökonomen die behaupten, dass das für die Wirtschaftsentwicklung suboptimal ist. Aber ich schweife ab, sorry.)
Ich habe den Eindruck, wir müssen auf einen echten chinesischen, selbst entwickelten Synthesizer noch rund 20 bis 30 Jahre warten.