Hi Rbox,
ich hab mir die 909 erst vor ein paar Wochen zugelegt, und muß sagen daß ich absolut geteilter Meinung bin über die Kiste.
(Mir war das mit dem Realtimerecording übrigens auch unwichtig!)
Das Hauptziel meiner Kritik ist die Bedienung, ich hatte vor vielen Jahren mal eine MC303 und mit der ging alles super-flott, vor allem wohl, weil sie weniger Bedienelemente hatte. Klingt vielleicht grotesk... Bei der MC909 muß man aber immer erstmal schauen, in welchem Menü bin ich eigentlich grade, was machen grade die Funtionstasten, etc.
Ich hatte bei der mc303 nicht das Gefühl, im Vergleich zu einem Computer-Sequencer bei den Editierungen langsamer zu sein, eher im Gegenteil. Bei der mc909 kommt es mir eher umgekehrt vor, sie bedient sich zwar eher wie ein Computer, nur dafür ohne Maus und mit Bildschirmfunktionstasten.
Insgesamt sind für fast alle Bedienschritte auch viel zu viele Tastendrücke notwendig. Bis man einen blöden Patternedit abgespeichert hat, drückt man 5 Tasten! Ach ja, übrigens nicht 5mal dieselbe... Und wenn man Pech hat, meint die MC nach ein bischen getweake auch noch ein Patch abspeichern zu müssen, und man muß die automatische Auswahl (what to save) korrigieren, 6 Tastendrücke also, oder zwischendrin noch eine Funktionstaste drücken...
Wofür hat man so ein Teil? Damit man einfach *zack* den Zustand mal eben abspeichern kann.
(Ich hab übrigens das Betriebssystem 1.22. Wie es im letzten zugeht, muß ich noch sehen...).
Was mich auch sehr stört, ist daß im TR Lauflichtmodus die gesetzten Steps nicht *sofort* also direkt nach dem setzen, aktiv sind. Das dauert dann nochmal nen halben Takt... Wenn also das Lauflicht im gerade aktiven Takt unterwegs ist, und man ein paar edits macht, hört man die u.U. gar nicht gleich.
Daß Potis für Attack und Release (ausgerechnet...!) des Mastering-Compressors vorhanden sind, sehe ich als eine der vielen Unstimmigkeiten der Oberfläche. Auch, daß es für Samplingbearbeitungsfunktionen eigene Taster gibt...!? Die Sinnhaftigkeit der Turntable-Emulation muß man auch nicht so dringend begreifen, aber wenigstens lässt sich das ein bischen für die Performance missbrauchen z.B. um extreme Pitchbends mit dem ganzen Pattern zu machen).
Daß der "Instrument fürs Lauflicht aussuch"-Taster der Shift Taster am unteren linken Displayrand ist, und nicht neben dem "Keyboard", daß selbiger für größere Paramtersprünge des Datarades sorgt, obwohl er auch von diesem einigermaßen entfernt ist, und durch die Anordnung keinesfalls "in der Hand liegt"...
Ich musste (und muß immer noch!) *sehr* oft staunen über solche Dinge, denn sie sind erstaunlich zahlreich. Es gäbe so viele Möglichkeiten, die Verteilung der Parameter im direkten Zugriff (also die ständig benötigten, und live-relevanten) und die Parameter im Menüzugriff zu optimieren, und die 303 hatte da einen deutlich besseren Schnitt, und fühlte sich wesentlich intuitiver und direkter an.
Es gibt für mich (fast) nur eine mögliche Erklärung für diese oft gnadenlos unbedachte Zuordnung, nämlich die, daß man die einige Funktionen ohne Rücksicht auf Sinn und Unsinn, aus Werbegründen auf die Oberfläche hat packen wollen, und ich werde auch den Verdacht nicht los, daß die Oberfläche weit vor dem Bedienkonzept schon "so" existiert haben muß.
Dann: Sie "bootet"... Es dauert (gemessene) 26 Sekunden, bis sie betriebsbereit ist. Bin ich zu streng? Mich regt sowas jedenfalls auf... Es ist eine Groovebox, und von der erwarte ich: Anschalten, da! Ein paar Sekunden, gut. Aber bittebitte keine Ladebalken beim Booten!
Und: Sie ist wirklich wirklich groß, und dürfte die derzeit üblichen Notebooks MIT Controller sowohl von den Maßen als auch gewichtsmäßig schlagen.
Kurzum: Sie hat aus vielen vielen Gründen imo einen nicht unerheblichen Workflow-Behinderungsfaktor, und das ist - ich gebe es zu - eine sehr subjektive Feststellung.
Nach so viel Schelte (die ich aber loswerden musste, um das "Hammer unter den Grooveboxen" ein bischen zu relativieren) nun das ebenso vorhandene Positive:
Featureama...!
Die komplett am Gerät editierbare XV Synthese ist ein wirklich gewaltiges Argument für dieses Gerät als eine Art "Workstation". Ein dicker Synthesebrocken... Ich wusste zuvor nicht, daß man die Tones auch untereinander verschalten kann, (zwei Klanggeneratoren gemixt durch EIN Filter etwa) und daß es innerhalb der Klangerzeugung selbst auch schon Verzerrung gibt, und solche Dinge. Es ist wirklich unheimlich viel, was man hier "an vorderster Front" reißen kann.
Sampling klappt auch ganz gut, es gibt aber keine "durchstimmbaren" Samples. Klar, man könnte sich mit Feinarbeit (und dem möglichen Timestretech) ein Halbtonset basteln, aber das ist wohl eher praxisfremd.
Effekte gibts drei, zwei eher für Modulationen (aber nur an/aus pro Part schaltbar, und auch nur einer dieser Effekte pro Part), einer für Reverb (Parts anteilig mixbar), das Routing ist recht komplex, man kann auch von einem Effekt in den anderen. (und - wenn man will - das Ergebnis auch noch digital resamplen, und wieder vornereinfüttern)
Eine recht große Effektauswahl übrigens bei den schaltbaren Effekten! (EFX1: 38 Programme, EFX2: 47 Programme, alle superumfangreich parametrisierbar)
Jo, und dann eben noch dieser Dreiband-Masteringcompressor hintendran.
Ach ja, mit Mix-In kann man sogar dem externen Eingang die internen Effekte mitverpassen, und so auch externe Synths ganz gut einbinden.
Es ist schon ein dickes Ding, und wahrscheinlich auch einigermaßen konkurrenzlos, was man damit alles machen kann, aber wie gesagt: Eine störrische Geliebte.
Ich weiß noch nicht, ob ich das Teil langfristig behalten werde. Einerseits ist es wohl das umfangreichste Teil wo geben tut, und es ist cool, den ganzen Kram in einer einzigen Kiste zu haben, andererseits kann weniger auch mehr sein. Vor allem, wenn der Kram sich flüssiger bedienen lässt. Kann aber auch sein, daß ich mich tatsächlich nicht mehr von ihr trennen kann, und einfach eine weitere Box brauche...
Hoffe geholfen zu haben mit meinem kleinen Eindrucksbericht