Sich Ideen bei anderen holen.

Ich finde es schon wichtig auch mal über den eigenen Tellerrand zu blicken, weil Sachen von anderen eben nicht aus einem selbst kommen und man die eher unvoreingenommen genießen kann. Eben auch zum Kopf freipusten. Geht euch das nicht so? In meinem Kram stecke ich ja regelrecht drin und betrachte den somit von einer ganz anderen Perspektive. Bei Sachen von anderen sehe ich die von einem ganz anderen Standpunkt, halt wie jemand der vor einem Bild in einer Galerie steht und sich das Werk anschaut. Natürlich habe ich mit meinem eigenen Kram eigentlich genug zu tun und meist will ich auch gar nichts anderes hören, aber musikalische Isolation halte ich für mich momentan nicht mehr für dienlich. Nur sein eigenes Material hören hat für mich, zumindest momentan, so etwas von ständig im eigenen Saft köcheln.
 
Markus Berzborn schrieb:
Das könnte ich mir persönlich nicht vorstellen.
Ich muss einfach anerkennen, dass es Leute gibt, die viel besser sind als ich, und auf deren Musik will ich keineswegs verzichten.

Gruß,
Markus
Natürlich erkenne ich auch an, das fast alle anderen viel besser sind als ich.
Ich höre schon noch Musik von anderen Leuten, so Krautrock aus den 70ern, fetziger Südstattenrock, Crunch, Jazz und Klassik, aber eben nur ziemlich wenig elektronische Musik. Früher hab ich aber insgesamt viel mehr Zeit mit dem Hören von Musik verbracht, als heute.

Höre kaum aktuelle elektronische Stücke, weil mich fast kaum etwas berührt. Vieles Alben finde ich einfach nur langweilig. Mezzanine war das letzte Album, das mich wirklich richtig gekickt hat.
 
Summa schrieb:
Es muss ja keine 1:1 Nachbau werden, ich wuerde eher versuchen Charakter und Stimmung des Sounds einzufangen.
Darauf würde es auch eher hinauslaufen. Es ist eher die "Richtung" in die etwas klanglich geht. Und wie du auch sagtest, "Man lernt auf jedenfall ne Menge dabei wenn man die Sounds anderer nachbaut."
 
kpr schrieb:
Um beim Beispiel von Illyas Drones zu bleiben: Wenn ich mir das anhöre, dann inspiriert das auf mehrfache Weise. Einmal die Zeitachse, denn die zeitliche Dynamik läuft über mehrere Minuten ab. Zweitens die Machart, d.h. es werden insbesondere elektronische Klangmuster miteinander verwoben. Welche Inspiration da jemand hat, ist dann vom Charakter und der Ambition abhängig. Wenn es ein musikalisches Ergebnis daraus gibt, dann dürfte man das als ganz besonders gelungen bezeichnen, wenn das niemand bemerkt und der Komponist von sich aus darlegt, dass er sich von Illya hat inspirieren lassen.
Wenn du das jetzt nicht gesagt hättest, hätte ich jetzt glatt vergessen das ich ja selbst wohl auch als Inspirationsquelle diene. Das kam mir jetzt einfach gar nicht in den Sinn. Wo du das gerade sagst. Ich habe hier noch eine Demo MP3 von dir auf Festplatte, von deiner Seite im Netz wo du Sounds für die Fusion anbietest. Da hatte ich dir, glaube ich, auch schon gesagt, dass wenn ich mal eine Fusion habe.. Die werde ich mir gleich mal wieder anhören, eben weil mich das damals schon inspiriert hat was man da hören kann.

Außerdem ist das auch eine spannende Sache, also versuchen herauszuhören was jemand hier und da gemacht hat, gerade für mich, weil ich ja nicht den totalen Durchblick in Sachen Synthese habe. Von daher kommt dabei ja auch letztendlich nie wirklich gleiches bei rum. Ich denke so ein Stück Bodenständigkeit würde mir auch mal wieder ganz gut tun, da ich ja praktisch immer nur ein Patch ständig in eine andere klangliche Richtung, per Automation, abändere. Klar, das funktioniert ja auch prima, aber ich denke halt permanent auf dieser Ebene (wenn ich den Sequenzer anschmeiße) und irgendwie nagt das langsam an meinem Hirn. :D
 
Das Thema Inspiration ist überhaupt ein ganz besonderes. Manche Leute haben schon mal gesagt, dass eine bestimmte Songidee im Traum kam oder ganz plötzlich eben so beim Einkaufen. Und sich dann hingesetzt haben, das notiert oder gleich eingespielt. Und hinterher immer noch das Gefühl hatten, dass der Song "eine Eingebung" war, also als ob es nicht aus dem eigenen Hirn stammt.

Ich finde das spannend. Inspirieren lasse ich mich immer gerne von Leuten, die ganz eigene und originelle Sachen machen. Das ist dann so wie eine unbekannte Landschaft, die ich zum ersten Mal sehe, und die etwas ganz gewisses an sich hat. Das prägt sich dann ein und bei mir jedenfalls kommt dann die Idee: "Prima, mach ich nur ganz anders." Und das ist dann inspiriert, aber der Arbeitsprozess läuft ja durch mich durch, und hinterher kommt was raus, was ganz eigen ist und eben von mir. Ich hätte auch nie eine Not, meine Inspirationsquellen darzulegen, wenn sich da jemand dafür interessieren würde. Tut es eh meistens keinen :D

Übrigens hätte ich auch kein Problem damit, wenn mich jemand direkt kopieren würde. Im Gegenteil, da kann ich nur sagen: Versuch das ruhig mal :D

Und einer hatte von einigen meiner Songs mal Remixe gemacht, die ziemlich verfremdet sind. Gefällt mir sehr gut, hört sich total anders an als das Original. Wenn sich da jemand Mühe mit macht, ist das eher ein Kompliment an meine Arbeit.
 
kpr schrieb:
Ich finde das spannend. Inspirieren lasse ich mich immer gerne von Leuten, die ganz eigene und originelle Sachen machen. Das ist dann so wie eine unbekannte Landschaft, die ich zum ersten Mal sehe, und die etwas ganz gewisses an sich hat.
Genau das meine ich halt auch. Es ist wie, als wenn man eine Tür in eine ganz andere klangliche Welt aufmacht. Da gehe ich zwangsläufig gleich auf Entdeckungsreise. Ich hatte zum Beispiel, als Inspiration bei meiner Drone "Drone 5 Work 4", dieses Bild von einem Tempel vor Augen. Also ich stehe davor, zwei riesige alte Türen gehen auf und dann strömt mir dieser Weihrauch Geruch zuzüglich zu dieser Klangwand aus hundert Glöckchen und Gongs entgegen. Dieses Bild kam immer wieder und Grundlage/Inspiration war letztendlich Gamelan, von dort die Metalklänge. Das habe ich aber erst im Nachhinein gemerkt, ich war erst einmal nur fasziniert von diesem Gesamtklang. Beim Klangbasteln bin ich halt über dieses Klanggebilde gestolpert und das hat mich dann an diese Musik erinnert. Das ist bei mir manchmal so, ich experimentiere, dann macht es Klick in den Kopf und die Bilder kommen einfach. Mir gefällt so ein Vorgang auch sehr gut und ich mag das einfach lieber als reine Kopfprodukte.

Alles andere ist für mich nicht, oder eben kaum, befriedigend, da fehlt mir dieses "aus dem Bauch heraus" Gefühl wenn ich mir das anhöre und das brauche ich. Das ist für mich gleichbedeutend mit Nahrungsaufnahme, weil ich so wiederum selber etwas von meiner Musik zurückbekomme. :D

-- bearbeitet --
 
Bernie schrieb:
Höre kaum aktuelle elektronische Stücke, weil mich fast kaum etwas berührt. Vieles Alben finde ich einfach nur langweilig. Mezzanine war das letzte Album, das mich wirklich richtig gekickt hat.
Das ist sehr interessant, zumal es mir (und einigen anderen??) genauso geht. Bin mir aber sicher das es an der Qualität der Musik liegt und nicht an mir. :)

Denke jedoch schon das es sich lohnt weiterhin nach guter elektronischer Musik Ausschau zu halten, hab z.Zt. Oval/Microstoria/Markus Popp z.B. für mich entdeckt...
 
daniel.b schrieb:
Denke jedoch schon das es sich lohnt weiterhin nach guter elektronischer Musik Ausschau zu halten, hab z.Zt. Oval/Microstoria/Markus Popp z.B. für mich entdeckt...
Das Beste kommt oft von Leuten, die kaum einer kennt.
Die stille Hinterzimmerfricklerfraktion sollte man nicht unterschätzen...
 
Bitmuncher von Monokit hier aus dem Forum hat mich zuletzt was die Sounds angeht sehr inspiriert und auf neue Ideen gebracht. Ist auf jedenfall Wert nochmal erwähnt zu werden... :)
 
Sich von anderen Leuten inspirieren zu lassen, ist absolut okay. Ich glaube, es gibt kein größeres Kompliment, als jemand anderen zu etwas "inspiriert" zu haben.

Die Grenze, wo man anfängt, sich selbst und seine musikalisch-klangliche Persönlichkeit aufzugeben und nur noch nachäfft bzw. schlichtweg klaut, ist allerdings recht schmal.

Ich finde es eher wichtig, dem Mysterium auf die Spur zu kommen und herauszufinden, *was* einen eigentlich an der Musik eines anderen fasziniert und man dann versucht, seinen eigenen Weg zu dieser Quelle zu finden. So wird m. M. die Inspiration, die einem von einem anderen widerfahren ist, angemessen gewürdigt, man selbst bleibt aber immer noch man selbst, ohne zu einem Epigonen zu werden.

Wenn man Impulse anderer nicht aufnehmen würde, bliebe man immer auf derselben Stelle. Das ist ja etwas, was viele Vertreter der traditionellen Elektronischen Musik TM gerne machen: Solange das alles nach Schulze, Tangerine Dream oder Jean-Michel Jarre klingt, bewegen wir uns auf vertrautem Territorium und können als Macher sicher sein, niemanden mit unserer Arbeit zu überfordern oder gar zu verprellen. Deswegen ist diese Abteilung ja auch so langweilig.

Stephen
 
hut ab, stephen! sehr /seconded, dein beitrag. das schöne ist, man findet immer wieder perlen, tracks, die einem die schuhe ausziehen, und das von völlig unbekannten leuten. wer auf soundcloud nach dem künstlernamen "limbo" schaut, wird verstehen, was ich meine. natürlich sind viele dinge gezwungenermassen etwas eklektisch, aber niemand erfindet von hier auf jetzt das rad neu, das gilt auch für die elektronische musike.

cheers!
 


News

Zurück
Oben