jaash schrieb:
also ist es theoretisch+praktisch möglich mit einem eurorack die gleichen ergebnisse zu erhalten
also ich meine lpg und waveshaping (gerade der von topobrillo oä genannt) sind doch auf dem markt _ livewire osc macht auch ganz gut spule _ und ich habe ein paar echt gute youtubes von waveshapern im moogformat gesehen
ist es am ende also eine modulfrage ? _ anzahl
Ja und nein.
Ja, man kann sich aus heute erhältlichen Nicht-Buchla-Modulen teilweise das zusammenbauen, was bestimmte Buchla-Module bieten.
Nein, man sich den Buchla-Modulen auch mit den heute erhältlichen Nicht-Buchla-Modulen nur teilweise annähern. Die Gründe sind:
(1) Die aktuelle Buchla-Serie 200e bietet Speicherbarkeit, gibt es ansonsten bei keinem anderen Hersteller.
(2) Manche Module gibt es zur Zeit meines Wissens nicht in anderen Formaten: Weder ist mir ein Äquivalent zu den Arbitrary Function Generators, insbesondere dem 249e, bekannt, noch eins zum 222e Kinesthetic Input Port.
Die weiteren Unterschiede zwischen Buchla und anderen wurden ja teilweise schon erwähnt. Diese stehen dem Nachstellen eines Buchla-Klanges auf einem Nicht-Buchla-System aber nicht prinzipiell im Wege.
(3) Die Integrationsdichte ist bei Buchla höher: Buchlas Complex Waveform Generator vereint – gleich, ob es sich um einen historischen 259 oder die aktuellen 259e oder 261e handelt – in einem Modul zwei Oszillatoren mit VCA und Waveshaper. Diese sind zudem so miteinander verschaltet, dass man die wesentlichen Modulationsmöglichkeiten* dieser Module schnell über wenige Schalter im Griff hat. Daraus folgt der deutlich geringerer Platzbedarf eines Buchla, ein spontanerer Zugriff sowie die Betonung einer ästhetische Stoßrichtung durch den Hersteller, die einem liegen kann, aber nicht muss.
Ein weiteres Beispiel für diese hohe Integrationsdichte ist das 291e Triple Morphing Filter: Drei parallele Bandpässe mit einstellbarer Mittenfrequenz und Bandbreite und jeweils nachgeschaltetem VCA sowie Mixer sind mit einem 8-Schritt-Sequencer mit 24 Spuren verkoppelt. Für jeden der 8 Schritte kann getrennt Frequenz, Bandbreite und Pegel jedes einzelnen Filters eingestellt werden, zudem lässt sich bestimmen, ob der Übergang von einem Schritt zum nächsten abrupt oder geglättet erfolgen soll.
(4) Buchla trennt streng zwischen Modulationssignalen (Bananenstecker) und Audiosignalen (Miniklinke). Ob man das ablehnt und sagt "Spannung ist Spannung" oder Buchlas Argumentation "dann ist es leichter, durch den Patch durchzusteigen" und "beide Signaltypen haben unterschiedliche technische Anforderungen" folgt, ist wohl ebenso Glaubenssache wie der Rest. Aber es beeinflusst die Art und Weise, welche und wie man Klänge entwickelt.
(5) Verzicht auf Filter als zentrales klangformendes Element, Betonung der Klangformung an der Quelle (s.o. Complex Waveform Generators). Buchlas Lowpass-Gates dienten vornehmlich dazu, das Verhalten herkömmlicher Instrumente (leiser = weniger Obertöne) darzustellen. Daher haben die LPGs keine Resonanz. Zudem wird Dir ein hartgesottener Buchla-Freund vielleicht auch erzählen, dass der Lowpass-Gate-Nachbau des Herstellers XYZ natürlich nicht so klingt wie das Original. Das Phänomen findet sich aber auch bei allen anderen Nachbauten wie z.B. des 904a-Moog-Filters. Muss man selbst entscheiden.
(6) Multifunktionale Module wie der 281e Quad Function Generator arbeiten wahlweise als LFO oder Hüllkurve.
(7) Verzicht auf die klassische Tastatur zu Gunsten alternativer Controller. Im klassischen 200-System der 70er Jahre gab es zwar auch ein herkömmliche Tastatur in zwei Größen (237/238) als Alternative zu den ebenfalls angebotenen Sensortastaturen, die frühere 100er-Serie hatte aber nur Sensortasten, und das aktuelle 200e eben nur den 222e, der die Eingabemöglichkeiten der Controller "Thunder" und "Lightning" vereint.
Also: Buchla nachstellen geht in bestimmten Grenzen, speicherbar ist so ein Nachbau nicht (außer wir reden über Reaktor, G2 etc.), die Trennung der Audio- und Modulationssignale sowie der Integrationsgrad der Module fördern eine bestimmte Klangästhetik.
Und ich sollte aufhören, so lange Mails zu schreiben, der Thread ist ja schon längst weitergelaufen, aber da der Text nun schon mal fertig ist…
*Diese Modulationsmöglichkeiten sind meiner Erinnerung:
- Erster Oszillator moduliert Frequenz des ersten Oszillators
- Erster Oszillator moduliert Amplitude des ersten Oszillators
- Erster Oszillator moduliert Waveshaper
Der erste Oszillator durchläuft immer den VCA, sprich alle o.a. Modulationen lassen sich dynamisch über eine Steuerspannung steuern. Der zweite Oszillator durchläuft immer den Waveshaper.