KANN technisch gesehen ein analoger Synthesizer heute noch innovativ sein
So die Ecke vielleicht:
a analoge Synthese-Schaltungen, die es noch nie gab
Konstruktionstechnisch ein neues Fass aufmachen, das hängt ja von c und d ab, ob's sinnvoll ist ... ausser man macht eine nerdige Privatbastelei. Innovationen heißen ja so, weil sie sich durchsetzen können oder sollen. Und der Ingenieur kommt 1. physikalisch aus der Schwingung-plus-Modulator-Ecke nicht raus und 2. Sollte es zu Lebzeiten auch klanglich irgendwie kompatibel mit der Außenwelt sein, sonst war es nicht innovativ, sondern nur "interessant". Ergo: Wenn man es ökonomisch ernst meint mit der Innovation im Puristen-Analogbereich braucht man Mut und nen Markt.
b variationen bekannter analoger Synthese-Techniken, die durch hybride Erweiterungen und Ergänzungen irgendwie neu sind
Gibts. Aber ab wann ist das innovativ? Mir reicht es, wenn es mir klanglich und haptisch auf eine gewisse Art Freude macht.
c rein analog erzeugte Sounds, die wirklich "anders" klingen und/oder sich gut musikalisieren lassen
Wer kann schon sagen: "Upsi, der neue analog Synth klingt echt anders als alles, was vorher da war und das, weil er von Grund auf neu aufgebaut ist. Und ist so easy zu bedienen. Ja geradezu innovativ. Ein ganz neues Musikinstrinstrument! Ich kann das beurteilen. Ich habe bereits jeden analogen Sound aus jeder Engine gehört, den es je gab und mit allen UIs selber bedient, weil ich der Synth-GOAT bin." Wenn die Meinungen unter den GOATs (Greatest Of All Times) dann nicht allzuweit auseinandergehen, könnte es innovativ sein. Oder eben wieder nur interessant.
d Musik, die neu und frisch klingt, weil es das Gerät aus a und c gibt
Vorstellbar. Dann ist es aber nie nur der Synth alleine. Da hängen immer Musik- und Synthmarkt-Konstellationen zwischen drin. Und auch Gehör- und Arbeitsgewohnheiten. Da kann der (fiktive?) Synth-Ingenieur und Synth-Musiker noch so genial in Personalunion sein: Wenn sein Gedudel mit seinem superinnovativen Synthi keinen interessiert, wirds schwierig, da das Label "innovative analog-elektrische Musik" drauf zu pappen.
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Vermutlich brauchen wir sowas wie Kraftwerk 2.0. Die klingen natürlich ganz anders als Kraftwerk 1.0 und performen ganz anders und haben ne ganz andere Haltung. Und dann kommt irgendein GOAT 2.0 um die Ecke und sagt: "Also das hat schon zweitausenderbsensiebzig bei Bums und Dings aus Kleinwölfelrode so geklungen. Die kenne zwar nur ich, stimmt aber." Womit er dann halt auch ein winziges kleines Bisschen recht hat.
Innovationen scheinen ganz fragile Geschöpfe zu sein, bevor sie die Welt erobern. Oder es ist nur Gelaber.