Ausdrucksebene Harmonik

Markus Berzborn schrieb:
psicolor schrieb:
ich weis nicht für wie unbedeutend seine Nummer 5 im allgemeinen gilt, aber das wäre das nächste Beispiel von banaler Harmonik aber großartigem Arrangement und super Spannungsaufbau.
Kannst Du das mal näher ausführen?

Wenn du die Changes aus dem Stück rausschreibst, wirst du erstaunt feststellen, dass diese größtenteils ziemlich billig sind!
Was ich damit nur sagen will: Harmonik is ein tolles Werkzeug um Farben und Emotionen zu erzeugen, aber Melodie, Arrangement, Rhythmus, Instumentierung und dynamisches Spiel sind (meiner Meinung) mächtiger und wichtiger.
 
psicolor schrieb:
Wenn du die Changes aus dem Stück rausschreibst, wirst du erstaunt feststellen, dass diese größtenteils ziemlich billig sind!

soweit ich mich erinnere hat der erste satz auch einen mittelteil, vulgo durchführung.
 
psicolor schrieb:
Wenn du die Changes aus dem Stück rausschreibst, wirst du erstaunt feststellen, dass diese größtenteils ziemlich billig sind!

Ich habe die Partitur hier und kann Deine Feststellung nicht unbedingt nachvollziehen.
Natürlich ist das harmonisch nicht Debussy oder Messiaen, ist ja auch eine andere Epoche.
 
fab schrieb:
nö. dass jazz nur krach ist, wusste oma erna schon ...

Woher kennst Du meine Oma (die hiess wirklich Erna, Erna Blume, geborene Glätzer, und hätte diese Aussage sofort unterschrieben) ?

Spass beiseite...

Hi Fab,
Wäre folgende Formulierung besser ?

Musik verstehen wird, gerade im Bereich Jazz / Klassik leider häufig nur als (rein formelles) analysieren verstanden, und in dieser Art der oberflächlichen Analyse stehen die verwendeten Harmonien im Vordergrund.

gruss Mink
 
Hey nochmal :)

Ich hab hier noch ein paar weitere Beispiele von Stücken zusammengetragen, deren Harmoniefolgen ich total abfeiere. Zum Teil gibts auch timestamps, so dass es nach dem Klick relativ bald "losgeht", also so spätestens nach ~30 Sekunden.

Es geht mir nur um die Harmonik, von Stildiskussionen also nach Möglichkeit absehen ;-)


Yellow Magic Orchestra - Tong Poo

https://youtu.be/2T7TXVtGGFc?t=52


Herbie Hancock - I thought it was you

https://youtu.be/uU7ZCUGnROk?t=31


Roy Ayers - And then we were one

https://youtu.be/Duy0S3CM20o?t=31



Dave Grusin - Condor

https://youtu.be/Nbma7FICYFU?t=37


Passport - Dreamy.mid
(das war bei Windows 3.0 dabei - solche progressions LIEBE ich <3)

https://www.youtube.com/watch?v=7W83STaaF4U


Roy Ayers Ubiquity - It's So Sweet

https://www.youtube.com/watch?v=CwxdeJd34eY


Crusaders - It happens every day

https://youtu.be/GDc-SdHYzmk?t=50


Jacob Collier - make me cry

https://youtu.be/vPBirt1YhuM?t=59


Kaidi Tatham - Try n Follow

https://youtu.be/2YNIQZ_H5b8?t=53


Jacob Mann - Bumble buddies

https://youtu.be/g_PxQCqebQw?t=85


Moonchild - All the Joy

https://youtu.be/4D1Xs4ZvzkA?t=49


Viel Spaß :)
 
Zuletzt bearbeitet:

Danke für diesen Post! Als Jobim-Fan muss man Cal Tjader einfach gut finden...

Auf music.youtube findet man übrigens eine riesige Sammlung an Alben von Cal Tjader:
https://music.youtube.com/search?q=cal+tjader

Beim Hören Deines Posts #97 ist mir aufgefallen, dass sich die einzelnen Beispiele mehrheitlich mit meinem Geschmack decken. Für mich ist das Phänomen der "Gänsehaut" bei Harmoniefolgen immer ein untrügliches Zeichen dafür, dass die Musik mir gefällt. Ein Beispiel dafür kann ich Dir auch geben (geht schon einen Schritt weiter Richtung Jazz):



Die erste geile Harmoniefolge kommt ab 0:43, die nächste bei 1:28, der Hammer ab 2:15.

Von diesem Stück schwirrte mal eine ziemlich authentische MIDI-Datei im Netz herum, die ich aber leider nicht mehr finde...
 
Danke für diesen Post! Als Jobim-Fan muss man Cal Tjader einfach gut finden...

Auf music.youtube findet man übrigens eine riesige Sammlung an Alben von Cal Tjader:
https://music.youtube.com/search?q=cal+tjader

Beim Hören Deines Posts #97 ist mir aufgefallen, dass sich die einzelnen Beispiele mehrheitlich mit meinem Geschmack decken. Für mich ist das Phänomen der "Gänsehaut" bei Harmoniefolgen immer ein untrügliches Zeichen dafür, dass die Musik mir gefällt. Ein Beispiel dafür kann ich Dir auch geben (geht schon einen Schritt weiter Richtung Jazz):



Die erste geile Harmoniefolge kommt ab 0:43, die nächste bei 1:28, der Hammer ab 2:15.

Von diesem Stück schwirrte mal eine ziemlich authentische MIDI-Datei im Netz herum, die ich aber leider nicht mehr finde...

Tolle Scheibe... vor 36 Jahren oft gehört, da meine damalige Freundin ein großer Don Grolnick Fan war (leider ist der Gute viel zu früh von uns gegangen).
 
Es hat mir keine Ruhe gelassen. Ich hab' die in Post 101 erwähnte Datei wiedergefunden und die entsprechende Stelle in Noten umgewandelt. Die erwähnte Harmoniefolge (2:15) beginnt bei Takt Nr.70:

Gänsehautharmonien.jpg

Vielleicht möchte es der eine oder andere mal nachspielen...
("Kb" soll Kontrabass heißen, gemeint ist aber in Pop/Slap-Technik gespielter E-Bass)
 
Achtung, zu viel Text.

Hm, man merkt an diesem Thread deutlich, dass man heute, 13 Jahre nach Eröffnung, lieber einander Youtube-Links an den Kopf wirft, als dass ihr tatsächlich miteinander die Frage erörtert. Kann auch daran liegen, dass es noch kein Youtube-Plugin gab. Ist aber schade. Ich als ahnungsbefreiter Mitmensch (m/w/d) hätte noch so viele halbgare Thesen aufzustellen gehabt, zu dem einzigen Zweck, Leute mit Ahnung aus der Reserve zu locken.

Wie z.B. die These, dass heute immer mehr Leute ohne Vorbildung aus konventionellem Instrumentalunterricht mit Lehrer und peinlichen Vorspielen und allem Drum und Dran die Möglichkeit haben, gute technische Werkzeuge zu erwerben und ihre Ergüsse, entstanden aus Trial-and-Errähhh...virtuoser Knopfdreherei und Reglerschieberei, einer breiten Öffentlichkeit vorstellen können. Würde man nur noch denjenigen Musikern ein Ohr leihen, die, sag ich mal, etwa Powerchords von Zweiklängen mit vergessener Terz unterscheiden können (wie ich ... nicht) ... dann wären auch mehr motiviert, sich auch mal physische, gedruckte Literatur zu Notensatz und Harmonie reinzupfeifen.

Aber das Lesen im stillen Kämmerlein ist heute mindestens so out wie die Kasse klamm für Instrumentalunterricht und, ja, auch die Zeit erst so gar nicht da für sorgsames Üben am Instrument. Am Ende ist man dann zufrieden mit dem, was die Technik hergibt. Fehlt die Ahnung, ist dem einen oder anderen der Arpeggiator liebstes Kind, um etwas melodisches Gewürz ins Gebumme zu kriegen. Musik von Leuten, die wo kein Masterkeyboard im Setup drinne haben tun, kann ja gar ned so interligent sein, dass ich was lernen könnte daraus. Wenn ich es aber nicht weiß, "ohrkenn" ich es aber auch nicht, von daher labert der richtige so herablassend daher.

Und wird das Publikum nicht fordernder Musik ausgesetzt, verlernt es halt, fordernde Musik zu genießen. Den Werbekunden der Radiosender gefällt das auch.
Irgendwann schmeckt auch Leitungswasser, das kann ich bezeugen.
Dafür lernt es, virtuos Youtube-Videos zu liken und weiterzuempfehlen. Das nicht.

So, verdammt, jetzt hab ich mich wieder so unnötig verschwätzt. Ich hätte in der Zeit so artig üben können, richtige Tasten, richtigen Fingersatz und richtiges Zählen unter einen Hut zu kriegen. Aber die Mahnung zum Zählen verleidets mir. Paradox, so zahlenfixiert mein Verstand ist, so renitent besteht meine Motorik auf ihre "Freiheit". Da investiert man über 1300 Ocken im Jahr und steht sich derart selber im Weg.
 
Vielleicht möchte es der eine oder andere mal nachspielen...


während es gefällt, will sich gänsehaut dann doch nicht so richtig einstellen.

die bleibt dann doch eher stücken von bach oder chopin vorbehalten, wo die guten stellen nicht ein zeitlich klar abgesetzer break sind, sondern vielmehr mitten in der melodie plötzlich wie aus dem nichts auftauchen und vor allem lange und gut vorbereitet wurden, und ohne das vorherige garnicht das wären, was sie sind.
 
lieber einander Youtube-Links an den Kopf wirft
Bestimmt ist das als rhetorische Übertreibung gemeint; aber ich empfinde das hier gerade eher im Gegenteil als gemeinsames Schwelgen in einer sehr schönen Sache :)

Zum Thema - und ich kann da ja nur für mich selbst sprechen - und da gibts innerlich bei mir ziemlich eindeutig Widerstände gegen "klassisches" Pauken, ohne das man aber in diesem Thema nur langsam bzw. sehr zeitaufwändig voran kommt. Natürlich kann man auch durch Hörerfahrung und Ausprobieren was reißen und wunderbare Zufallstreffer landen, das gelingt mir auch immer mal wieder. Irgendwann beiß' ich aber noch in diesen Bildungs-Apfel, und es wäre sicher auch sinnvoll, das mit einem richtigen Lehrer anzugehen (=noch so ein merkwürdiges Ungleichgewicht in meinen Prioritäten: Geld für unnötige Gegenstände fließt bei mir viel leichter als Geld für sinnvolle Dienstleistung).
 
Neues Fundstück: Tomita Lab - Nemuri no Mori feat. Hanaregumi

https://www.youtube.com/watch?v=GLTDPWmeiGc

Überhaupt scheinen die Japaner in harmonischer Hinsicht sehr viel offener zu sein: die beiden einzigen J-Pop-Alben, die ich näher kenne (eins von Predia und eins von Perfume), würden hierzulande durchaus als moderne Versionen von Jazz oder Progrock durchgehen (besonders Predia):

Predia:


Perfume:


Bernie lag mit ABBA übrigens auch genau richtig, obwohl das auf den ersten Blick kaum auffält: Dieses Phänomen, dass sich anfangs als Trällerliedchen wahrgenommene Songs bei genauerem Hinhören als harmonisch sehr anspruchsvoll entpuppen, habe ich mal irgendwo als "Comedian-Harmonists-Effekt" beschrieben gelesen - die hatten genau das nämlich auch schon zur Kunstform erhoben.

Vermutlich kennen auch viele diese geniale Coverversion von "Moves Like Jagger", oder?

Unbedingt erst das Original (auch wenn man's schon kennt) anhören:


Und hier das Cover:


Andererseits (um das ursprüngliche Thema wieder aufzugreifen) gibt es in vielen Stilrichtungen auch ungeschriebene Regeln, was für Akkorde typisch sind, seien es die typischen Blues-Harmonien oder das terzenweise zu erfolgende Transponieren von Sequenzen in der Berliner Schule.
Oder halt die legendären vier Pop-Akkorde:


Innerhalb dieser Grenzen kann natürlich beliebig variiert werden (ob mit oder ohne Rücksicht darauf, was die Zielgruppe noch gelten lässt), und es gibt halt zumeist noch andere kompositorische Kriterien (Melodie, Rhythmik, Klänge/Stimmen, Aufbau/Struktur)...

Schöne Grüße
Bert
 
Überhaupt scheinen die Japaner in harmonischer Hinsicht sehr viel offener zu sein: die beiden einzigen J-Pop-Alben, die ich näher kenne (eins von Predia und eins von Perfume)
Gute Beispiele, passt für mich.

Hinter Perfume (und ganz vielen Acts, ich selbst kenne ein bisschen was von Capsule und Coltemonikha) steht ja Yasutaka Nakata, und der hat in dieser Hinsicht wohl schon vor >20 Jahren seine Hausaufgaben gemacht.

CAPSULE - tiC taC

https://www.youtube.com/watch?v=sw6_KO0TWqQ
 
Es steht Dir frei, den inneren Schweinehund zu überwinden und aus den Takten 70 bis 87 des Notenauszugs von @Area88 die Akkordnamen rauszuschreiben und uns zur/mit einer Funktionsanalyse zu präsentieren...
Touchė, schon beim ersten Akkord blamier ich mich. F#maj7 mit enharmonischer Umdeutung A#->Bb und E#->F wäre mein Tipp, dann G mit hochalteriertem Basston (G/G#), weiter gehts mit Gm7add4(?). Und dann folgt ein Einhorn mit Stoßzähnen, das Sandmännchen und allgemeines Schnarchen macht sich im Publikum breit.
 
Ein paar weitere Perlen aus meinem Schleppnetz:

Trevor Bastow - Videodisc (1979)


Laszlo Bencker - Chip Down (1986)


Stan Tracey - Sublimation (1970)


Kaidi Tatham - Knocknee Donkey (2022)


Earl Klugh - Another time, Another Place (1976)
 
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