Dur und moll ich noob komm nicht klar...

stimmt, der Dominantseptakkord. Aber mir gehts ja primär um die 9th.

Ja, aber die Anfangsüberlegung war ja nicht so ganz richtig.

Ich frage deswegen weil für maj9th und min9th immer die große None angegeben wird, also der große Terzschritt von der Septe.

Weil man nicht als Terzschritt von der Septe denkt.

oder besser gefragt: wieso werden maj9th und min9th Akkorde immer mit der großen None gebildet? Für die Moll Terz ist es ja auch eine kleine Terz, für eine moll-Septe ist es auch eine kleine Septe. Wieso ist dieses Prinzip bei der Neunten anders?

Andersrum wird auch ein Schuh draus:
"...
Weitere Akkordtöne werden durch Ziffern bezeichnet, die deren Tonstufe in der zum Grundton gehörenden Durtonleiter angeben. Alle Akkorde, auch Moll-Akkorde, werden mit den Tonstufen dieser Durtonleiter beziffert. Damit sind die Zusatztöne unabhängig vom Tongeschlecht und der stufenbezogenen Funktion des Akkords. Das vereinheitlicht und vereinfacht die Schreibweise der Akkordsymbole; sie geben nur die gerade gültige Harmonie an, ohne eine harmonische Analyse zu liefern.

Zusatztöne, die von dieser Dur-Tonleiter abweichen, werden mit den musikalischen Versetzungszeichen ♯ oder ♭ oder auch mit Plus- und Minuszeichen (hinter der Ziffer) versehen. Die einzige Ausnahme ist die 7: sie bedeutet, im Akkordsymbol geschrieben, stets die kleine Septime. Die leitereigene, große Septime der Dur-Tonleiter wird dagegen mit maj7 (nach dem englischen major seven), j7 oder Δ bezeichnet. Diese Ausnahme erklärt sich vermutlich aus der Entstehung der Symbolschrift (bzw. Akkord-Symbolschrift[1]) in der Zeit der Blues- und frühen Jazzmusik, als Septakkorde ausschließlich mit kleiner Septime vorkamen; der große Septakkord (maj7) bürgerte sich erst später ein.[2] So steht zum Beispiel im Dominantseptakkord F7 die 7 für den Ton es.[3]
..."
(Hervorhebungen von mir)

Die Terz identifiziert das Tongeschlecht (Dur oder Moll). Das gilt allerdings nur für Terz und hat keinen Einfluss auf die anderen Stufen in der Akkordnotation.
Die Septime ist die oben erwähnte Ausnahme (aus historischen Gründen), die Ausnahme gilt aber bei beiden Tongeschlechtern.

Grüße
Omega Minus
 
das heißt ich kann mir also einprägen, dass für die 3 und die 7 bezogen auf die Moll oder Dur-Tonleiter quasi als Eselsbrücke schon die kleine bzw. große Terz/Septime zur jeweiligen Tonart gehört, alle anderen Zusatznoten sind unabhängig davon?
 
das heißt ich kann mir also einprägen, dass für die 3 und die 7 bezogen auf die Moll oder Dur-Tonleiter quasi als Eselsbrücke schon die kleine bzw. große Terz/Septime zur jeweiligen Tonart gehört, alle anderen Zusatznoten sind unabhängig davon?

Die 7 ist immer dieselbe, die kleine Sept.
Die Ausnahme für die 7 bezieht sich auf "in dem zum Grundton gehörenden Durtonleiter". Diese Regel ist aber Dur/Moll-agnostisch.

3: Moll: kleine Terz, Dur: große Terz
7: kleine Sept
sonst: der zum Grundton gehörenden Durtonleiter entnommen

Eigentlich ganz einfach. :cool:

Grüße
Omega Minus
 
ja hab ich jetzt. ok. :)

Spielziel erreicht. :)

heißt also das quasi alles auf Dur basiert?

Was die Akkordbezifferungen angeht: Ja.
Ist einfach praktisch, wenn die 11 immer dieselbe 11 ist.

Sonst: kommt darauf an.
Stufenakkorde z.B. werden aus der Tonleiter gebildet, die II (der Stufenakkord auf der zweiten Stufe) ist bei Moll anders als bei Dur.

Ergo:
Es ist also immer gut, sich damit vertraut zu machen, wie man "die Dinger" bildet, worauf sie sich beziehen.

Grüße
Omega Minus
 
@Omega Minus
Ich hab mir das jetzt alles erstmal versucht so einzuprägen, daher nochmal ein paar letzte Fragen, wenn's nicht stört :D

1) die große und kleine 9 basieren, egal ob in Dur oder Moll Akkorden gespielt, auf der Durtonleiter, sind also praktisch analog zur großen und kleinen 2 (nur nicht mehr so dissonant), richtig?
2) also Minor 9th = 1 + b3 + 5 + b7 + 9 und Major 9th = 1 + 3 + 7 + 9 - korrekt?
3) deswegen sind z.B. auch die reinen Intervalle wie Quarte und Quinte in beiden Tonarten gleich ?
4) deswegen gibt es also auch Moll Akkorde mit großer 7 (minor major 7th) und Dur-Akkorde mit der kleinen 7 (dominant 7th) - und das deswegen, weil nur die Terz das Tongeschlecht identifiziert?
 
1) der große 110 ist genauso dissonant wie der kleine 110.

3) im grunde genommen ist das zufall, ob und wo reine und unreine intervalle zu finden sind. dur und moll teilen sich zwar die quinte und die quarte, aber schon mixolydian hat sie halt nicht mehr alle.

ich persönlich halte übrigens die akademische betrachtungweise, dass die kleine und die große terz den selben charakter hätten, für vollkommen überholt.
im hinblick auf die hiesige ausgangsfrage z.b. (wann ist eine melodie dur zuzuordnen und wann moll?) ist das schon ein fragwürdiges konstrukt, denn die bei tongesschlechtern ist dann plötzlich die terz über dem grundton wieder das hauptunterscheidungsmerkmal. :P

in der nicht-reinen stimmung ist die terz eh am arsch.
 
Zuletzt bearbeitet:
Mir ist eine neue Frage eingefallen. Ich beschäftige mich grade mit Sext Akkorden. Weiß auch nicht, das kam irgendwie. Naja auf jeden Fall bin ich da zum ersten Mal auf das Thema Terzverdopplung gestoßen, und dass dies bei Sext Akkorden nicht erlaubt sei. Wie kommt das ?
 
Zuletzt bearbeitet:
Mir ist eine neue Frage eingefallen. Ich beschäftige mich grade mit Sext Akkorden. Weiß auch nicht, das kam irgendwie. Naja auf jeden Fall bin ich da zum ersten Mal auf das Thema Terzverdopplung gestoßen, und dass dies bei Sext Akkorden nicht erlaubt sei. Wie kommt das ?

Es wurde mal beschlossen, dass das nicht gut klingt, in einem gewissen Kontext.. Dann hat man das formalisiert, um in innerhalb eines bestimmten Kontext das zu ermeiden.

In einem Blues gelten andere Regeln als bei einem strengen vierstimigen Satz, bei Impressionismis oder Zwölftonmusik, weil anderer Kontext. (Und wir haben auch bei Bach schon oktav- und Quintparallelen gefunden.)

Grundsätzlich gilt: Wenn es gut klingt, ist es gut, was auch immer "gut" heißen mag.

Immer daran denken: Es heißt "Musiktheorie", nicht "Musikwahrheit". Und Musiktheorie ist immer im Spannungsfeld zwischen deskriptiv und präskriptiv. Wenn man sich immer an die Regeln von 1350 gehalten hätte, hätte es keinen Fortschritt in der Musik gegeben.

Zur Terzverdoppelng speziell:
"...
Das oft zu hörende Verbot der Terzverdopplung beruht auf einem Mißverständnis, denn zu vermeiden ist die Terzverdopplung nur dann, wenn Stimmführungsregeln dadurch verletzt würden (dazu später mehr), ansonsten haben Komponisten nie ein Terzverdopplungsverbot beachtet. Im Barock und Vorbarock findet man die Terzverdopplung darum kaum seltener als sonst eine Verdopplung. In der Klassik ist sie zwar eher die Ausnahme, aber es gibt keinen Grund, sie zu verbieten, meistens klingt sie sogar ausnehmend gut.
..."

ALles gar nicht so einfach. :)

Grüße
Omega Minus
 
das heißt, die Terz eines Akkords in den Bass zu verdoppeln ist kein Problem? ich kann da nämlich auch nichts schlecht klingendes finden...

ist ja mit dem "diabolischen" Tritonus auch so. lange Zeit verboten, heute gar kein Problem mehr.
 
ich beschäftige mich seit mehreren Jahren mit Musiktheorie und finde das alles sehr spannend. Es hat mich bereichert. Aber mit über 40 Jahren merke ich halt auch, dass die Lernfähigkeit nicht mehr so ist wie von einem jungen Spund.
 
Ein Tritonus hört sich für mich gar nicht so elend übel an, eine kleine Sekunde ist im Ohr für mich viel markanter.
 
das kann ich auch bestätigen. aktuell beschäftige ich mich mit der großen Sekunde und Sext-Akkorden, die find ich grad spannend. Und nach jahrelangem Gedudel auf Moll komm ich so langsam in das Dur rein. Bisher war ich der Überzeugung dass die schönsten Melodien ja nur in Moll sind, aber mit Dur gibts auch schöne Wechsel, grad auch so mit der Dur Blues Tonleiter. Also im Kopf ist das so der Wechsel zwischen Dur und Moll, auch wenn es eine Blues Tonleiter ist. Ich finde die Dur Blues lässt sich ganz gut einprägen, da die ja die große und kleine Terz von Dur und Moll intus hat.
 
@Omega Minus

gut dass ich den Thread hier immer in Beobachtung habe. Mir sind zwei neue Fragen eingefallen :)

1) inzwischen hab ich verinnerlicht dass die Septe immer die kleine ist. Egal ob Dur oder Moll. Warum wird dann bei Dur Akkorden die große Septe genommen? (aka Major 7th?)
soweit ich weiß kann man doch auch Major/Minor7th spielen, also einen Maj Akkord plus kleine Septe. Ist das so genreabhängig?

2) etwas zur Schreibweise... in Tutorials tauchen ja of so Begriffe auf wie: Cmaj 7 und C7, Cminor 9 und C9.
Hab ich das richtig verstanden dass bei den 9th Akkorden der Unterschied darin besteht, dass der Cmaj9 und Cmin9 die Septe immer mit enthält, wohingegen beim C9 die Septe nicht mitgespielt wird?
 
1) inzwischen hab ich verinnerlicht dass die Septe immer die kleine ist. Egal ob Dur oder Moll. Warum wird dann bei Dur Akkorden die große Septe genommen? (aka Major 7th?)
soweit ich weiß kann man doch auch Major/Minor7th spielen, also einen Maj Akkord plus kleine Septe. Ist das so genreabhängig?

"Früher"(TM) (= in der Klassik im Sinne von "Funktionsharmonik der europäischen Kunstmusik des ausgehenden 18. Jahrhunderts und die folgenden Dekaden") hat man halt in erster Linie einen Septakkord auf der 5. Stufe (=Dominantseptakkord) gebaut. Der ist in Dur halt immer mit kleiner Septime. Die große Septime hat man früher eher nicht benutzt auf der ersten oder vierten Stufe, höchstens als Vorhalt. Die kamen erst wieder so z.B. mit Satie.

In Pop und Jazz kommen sie natürlich vor.

2) etwas zur Schreibweise... in Tutorials tauchen ja of so Begriffe auf wie: Cmaj 7 und C7, Cminor 9 und C9.
Hab ich das richtig verstanden dass bei den 9th Akkorden der Unterschied darin besteht, dass der Cmaj9 und Cmin9 die Septe immer mit enthält, wohingegen beim C9 die Septe nicht mitgespielt wird?

Die Septime ist bei C9 immer dabei üblicherweise. Beim C9 ist es halt die kleine, beim Cmaj9 die große.

Wenn ich die Septime nicht dabei haben will, sollte ich Cadd9 schreiben. *)

Grüße
Omega Minus

*)
Ah, gefunden:
"...
An added ninth chord is a major triad with an added ninth. Thus, Cadd9 consists of C, E, G and D. (The D, which might be called an added second, is two fifths up from the root.) Added ninth chords differ from other ninth chords because the seventh is never included.
..."
 
ich weiss nicht genau, wie Du 1) meinst - natürlich kannst Du spielen und einsetzen was Du willst ;-)
Wo ist der eigentliche Unterschied des Septakkords und des Majorakkords? Es ist die Spannung, die ensteht: Septakkord (mit kleiner Septime): Sagen wir, wir sind in C, dann ist G7 der (Dominant-) Septakkord, Was unterscheidet den jetzt vom Gmaj7 in seiner klassischen ("Früher")-Wirkung? Die wirklich entscheidenen Töne in dem Akkord sind das b (also h) und das f; ein Tritonus... (das g kannste vergessen, kannst dafür sogar ein Db nehmen ;-) ) Der will unbedingt aufgelöst werden, weil sehr spannungsvoll. Warum? Weil das h schön zum c leitet und das f gegenäufig zum e (Halbtöne leiten gerne). C und e?? Ah, das ist ja der Anfang eines C-Dur-Akkords! Genau! Deshalb kommt nach dem G7 theoretisch das C. Das ganze funktioniert bei Major 7 (also h und f#) eben nicht mehr so toll, daher (klassischweise) keine Dominant-Spannung.

Mit anderen Worten: Spiele als letzten Akkord des Tages mal ein Cmaj7 oder ein C7 und geh danach ins Bett. In der C7-Variante wird Dein Kopf, der immer das letzte Wort hat ;-) zum Abschluss ein F-Dur pfeiffen - oder, bei forgeschrittenem Jazz-Leiden, ein H-Dur ;-)
 
Zuletzt bearbeitet:
Mit anderen Worten: Spiele als letzten Akkord des Tages mal ein Cmaj7 oder ein C7 und geh danach ins Bett. In der C7-Variante wird Dein Kopf, der immer das letzte Wort hat ;-) zum Abschluss ein F-Dur pfeiffen - oder, bei forgeschrittenem Jazz-Leiden, ein H-Dur ;-)

Kommt darauf an, fü rmich ein Septakkord auch einfach eine Klangfarbe.
"...
Septakkorde gelten in der traditionellen Harmonik als dissonant und auflösungsbedürftig. Erst ab dem späteren 19. Jahrhundert (ca. letztes Drittel der Epoche) entwickelte sich der Septakkord allmählich zu einem Akkordtyp, der nicht mehr unbedingt einer Auflösung bedurfte. In der Jazzharmonik spielt der Septakkord in all seinen Formen eine zentrale Rolle und löst den Dreiklang als harmonisches „Basismaterial“ ab.
..."

Beim Blues z.B. will der gar nicht aufgelöst werden. Kommt also immer auf den Kontext an.

Und nochmal:
"...
Die ursprünglich (etwa im Barock) wichtige symbolische Bedeutung der Vierklänge (etwa des verminderten Septakkords als Ausdruck des Schrecklichen, Teuflischen, Dämonischen) geriet durch gehäufte Verwendung zunehmend in Vergessenheit und kam seit der Spätromantik nahezu abhanden.
..."

<müslisprech>Kommt auch irgendwie darauf an, wie Du damit umgehst, Du.</müslisprech>

Sprich:
Der Septakkord wird von Mozart anders behandelt als von Debussy, Tristano oder B. B. King.

Grüße
Omega Minus
 
ich wollte mal einfach anfangen ;-) also mit dem, was du traditionell nennst. Dann kann er ja weiterfragen. Ich behaupte jetzt mal ganz frech, dass ich das mit dem mentalen Auflösen so meinte, wie - war das ncht Hindemith? Der musste nach seinen freien Ausflügen doch auch immer gaaaanz laut auf einem ganz reinen Dur enden, oder?
 
ich wollte mal einfach anfangen ;-) also mit dem, was du traditionell nennst.

Das, was ich mit "Funktionsharmonik der europäischen Kunstmusik des ausgehenden 18. Jahrhunderts und die folgenden Dekaden" bezeichnete. Die vorherrschende Theorie, mit der man konfrontiert wird, wenn man sich mit "Musiktheorie" beschäftigt.

Dann kann er ja weiterfragen. Ich behaupte jetzt mal ganz frech, dass ich das mit dem mentalen Auflösen so meinte, wie - war das ncht Hindemith? Der musste nach seinen freien Ausflügen doch auch immer gaaaanz laut auf einem ganz reinen Dur enden, oder?

Hindemith hat ja durchaus tonal komponiert, das war seine Wahl. Ist jetzt bei mir lange her, dass ich Hindemith-Sonaten gespielt habe, aber er landete IIRC immer in der 'Tonika-Oase'.

Oder, anders ausgedrückt:
Wenn ich mich in diesem Rahmen bewege will, ohne ihn zu verlassen, dann bin ich quasi gezwungen, die Spannung eines (Dominant-)Septakkords aufzulösen.

Wenn ich mich aber nicht in dem Rahmen bewege, habe ich nicht diesen Zwang.

Frage: Was empfinde ich? Das hängt halt von der Musik ab. Höre ich Mozart, dann ist es meine i.d.R. erfüllte Erwartungshaltung, dass der Dominantseptakkord aufgelöst wird. Wenn ich andere Musik höre, die anders funktioniert, dann nicht.

Wenn Debussy drei Septnonakkorde parallel verschiebt, dann erwarte ich keine Auflösung. Er setzt sie nicht im Rahmen der Funktionsharmonik ein.

Wenn B. B. King seinen Blues mit einem Septakkord beendet, dann erwarte ich keine Auflösung, die empfinde ich nicht einmal als Spannung. Blues lässt sich nicht mit Funktionsharmonik erklären.

Das "Tristan-Motiv" endet in einem Septakkord und dennoch habe ich das Gefühl, man ist irgendwo angekommen:
"...
Ein weiterer, in der Tristan-Diskussion häufig vernachlässigter Aspekt ist die Tatsache, dass nicht nur der Tristan-Akkord für sich allein genommen keine Richtung der Auflösung besitzt (das eben macht ja seine Mehrdeutigkeit aus), sondern dass vielmehr die Dominante, in die er mündet, nicht mehr als eine Dissonanz mit unbedingt geforderter Auflösung gehört wird. Der Hörer empfindet diese Dominante eher als Auflösung denn als aufzulösenden Akkord. Hier findet also das statt, was später Arnold Schönberg als „Emanzipation der Dissonanz“ bezeichnet hat, was dann im frühen 20. Jahrhundert zu Kompositionsstilen führte, bei denen Dissonanzen überhaupt keine Strebewirkungen im herkömmlichen Sinne mehr besitzen.
..."
(Hervorhebungen von mir)

Die Auflösungsbestrebung existiert halt nur in einem kleinen Teilbereich der Musik.
Es gibt Musik ohne Auflösungsbestrebungen.
Es gibt Klangfarbenmusik.
Es gibt Musik ohne Dominantseptakkorde.
Es gibt Musik ohne Funktionsharmonik.

Ich kann auch im Jazz mit einem 7 9 #11 13 enden, ohne das Publikum unruhig auf eine Auflösung wartet.
(lh: C bH e' rh: a' d'' #f'')
Schöne Klangfarbe. Kein Streber.

Bei "Lux Aeterna" von Ligeti wäre ein platter Durakkord am Ende merkwürdig.
Oder aus dem Requiem von Duruflé: 'In Paradisum'; am Ende kommt man an. Aber nicht in einem platten Durakkord.

Keine Ahnung, ob ich meinen Punkt klarer gemacht habe.
“Writing about music is like dancing about architecture."
(Verfasser unbekannt) *)

Grüße
Omega Minus

*)
"...
Laurie Anderson, Steve Martin, Frank Zappa, Martin Mull, Elvis Costello, Thelonius Monk, Clara Schumann, Miles Davis, George Carlin and several other people have been credited with concocting this extraordinarily popular and enigmatic simile
...
Currently, Martin Mull is the leading candidate for crafter of this maxim. Intriguingly, there exists a family of related sayings that follow a template, and these adages begin in 1918 or earlier.
..."
 
Mit anderen Worten: Spiele als letzten Akkord des Tages mal ein Cmaj7 oder ein C7 und geh danach ins Bett. In der C7-Variante wird Dein Kopf, der immer das letzte Wort hat ;-) zum Abschluss ein F-Dur pfeiffen - oder, bei forgeschrittenem Jazz-Leiden, ein H-Dur
ein H Dur? hab ich ausprobiert. Never ever. Das triggert mich gar nicht an. Und nach einem C7 kommt für mich ganz klar ein f min. Dur geht auch, aber f min klingt aufgelöster.
bei Dominant Akkorden merk ich mir einfach immer nur, bei der Terz einen halben Schritt höher zu gehen und der bildet dann den auflösenden Mollakkord, wobei die Quinte aber nach unten invertiert ist (die Root des Dominant bleibt unverändert).


@Omega Minus
gabs da nicht auch so eine Anekdote von Mozart, wo der im Zimmer Klavier gespielt hat und der Vater im Nachbarzimmer hatte einen Dominant Akkord gehört ? Mozart hatte den nicht aufgelöst, und den Raum verlassen. Daraufhin kam der Vater vom Nachbarzimmer in den Raum und hat den aufgelöst, weil das in seinem Kopf unbedingt noch aufgelöst werden musste. So ähnlich hatte ich das mal im Internet auf ner Seite gelesen.

Und dann hab ich was die Harmonik angeht, mal irgendwas über Bach gehört oder gesehen, weil Bach hat ja auch immer so eine gewisse Klangfarbe wo man gleich meint "das ist Bach".
hatte der nicht immer irgendwie um die Quinte oder Quarte drum herumgespielt oder sowas? Mir fehlt grad der Kontext, aber irgendwie hat Bach ja immer diesen hoffnungsvollen runden typischen "Bach"-Klang.

Aber kannst du mir bitte nochmal erklären wie das mit den Noten ist, welche wohin leitet?

Frage: alle Akkorde ohne Septe werden also mit add gekennzeichnet? Also C add9, C add11 etc?
 
@Omega Minus
gabs da nicht auch so eine Anekdote von Mozart, wo der im Zimmer Klavier gespielt hat und der Vater im Nachbarzimmer hatte einen Dominant Akkord gehört ? Mozart hatte den nicht aufgelöst, und den Raum verlassen. Daraufhin kam der Vater vom Nachbarzimmer in den Raum und hat den aufgelöst, weil das in seinem Kopf unbedingt noch aufgelöst werden musste. So ähnlich hatte ich das mal im Internet auf ner Seite gelesen.

Wurde seitens meines Musiklehrers in der Schule in den End-70ern kolportiert. Habe es aber nie verifiziert. :)


Und dann hab ich was die Harmonik angeht, mal irgendwas über Bach gehört oder gesehen, weil Bach hat ja auch immer so eine gewisse Klangfarbe wo man gleich meint "das ist Bach".
hatte der nicht immer irgendwie um die Quinte oder Quarte drum herumgespielt oder sowas? Mir fehlt grad der Kontext, aber irgendwie hat Bach ja immer diesen hoffnungsvollen runden typischen "Bach"-Klang.

Hm, sehe ich nicht so, da würde mich die Quelle interessieren. Der 'typische Bach-Klang' ist nicht an einzelnen Akkorden fest zu machen, sondern eher, wie er mit den Stimmen umgeht.

Hoffnungsvoll? Immer?


https://www.youtube.com/watch?v=FyeOPfg_6FE


Kommt darauf an, was der der Herr Bach ausdrücken wollte!

Aber kannst du mir bitte nochmal erklären wie das mit den Noten ist, welche wohin leitet?

Ich verweise mal auf Wikipedia:

G7: g h d f
C: c e g
bei h f:
h => c, f => e
bei f h:
f => e, h => c

Das ist die Strebetendenz. So sie vorhanden ist.

Frage: alle Akkorde ohne Septe werden also mit add gekennzeichnet? Also C add9, C add11 etc?

Grundsätzlich sind bei Angabe einer 'höheren Terz" (9, 11 13) die Terzen drunter mit dabei.

Eine kleine Übersicht ist hier:
oder
Erkenntnis: Es gibt keine eineindeutige Abbildung Töne <=> Akkord. Wäre ja auch zu einfach! :)

Grüße
Omega Minus
 
G7: g h d f
C: c e g
bei h f:
h => c, f => e
bei f h:
f => e, h => c

Das ist die Strebetendenz. So sie vorhanden ist.

ok - ist das so weil es so festgelegt ist oder weil es natürlich so ist mit dieser Bestrebung? also warum strebt das H -> C und das F -> E usw. ?
ich hatte eher immer so den Eindruck dass das C zum F und das E zum A und das D zum G strebt. (also alles in Moll).
 
ok - ist das so weil es so festgelegt ist oder weil es natürlich so ist mit dieser Bestrebung? also warum strebt das H -> C und das F -> E usw. ?
ich hatte eher immer so den Eindruck dass das C zum F und das E zum A und das D zum G strebt. (also alles in Moll).
Auflösung ist ein Begriff aus der (im doppelten Sinne) klassischen Kompositionslehre. Also doof gesagt: Wiener Klassik.

Motive in der Wiener Klassik basieren zunächst ganz oft auf: 1. Stufe, 5. Stufe, 1. Stufe, 4. Stufe, 1. Stufe, 5. Stufe (typischerweise mit Sept für den Vorhalt) und Auflösung (hier haben wir sie) auf die abschließende 1.Stufe. Also zB C-Dur, G-Dur7, C-Dur, F-Dur, C-Dur, G-Dur7, C-Dur:
g f g a g f - e d e - e - e - - - c - h c C G C F' C G' C
(Akkorde sind senkrecht zu lesen)

Auflösung (und damit die Strebetendenz) bedeutet, dass das Ziel eigentlich bekannt ist. In diesem Fall haben wir C-Dur (das Ziel) ausreichend vorgekaut bekommen. Je weiter hinten wir in der Akkordfolge sind, um so zwingender wird der Schlußakkord (C-Dur) und um so mehr komponiert man die vor die Grundtonart stehenden (und damit auf die Grundtonart=Schlussakkord hinführenden) Akkorde so, dass die Strebetendenz stärker wird. In meinem Beispiel: Wir haben zwei mal G7; zuerst als g-d-f, was jetzt eher wie eine Verminderung des vorherigen strahlenden C-Dur klingt; und dann als g-h-f, was wegen des offenen Tritonus "h-f" über dem Grundton viel mehr nach Auflösung "schreit" als das eher harmlose g-d-f. Da zieht das h zum c und es zieht das f zum e.

Dieses Grundprinzip kann man zB bei ganz vielen Haydn Sonaten beobachten.


Man muss das natürlich nicht so komponieren (das als Antwort auf "ist das so weil es so festgelegt ist oder weil es natürlich so ist mit dieser Bestrebung" zu verstehen), aber es ist halt die spannendere Variante. Man kann mein Beispiel auch so spielen:
g g g a g g - e d e f e d e c h c c c h c C G C F' C G' C
(Akkorde sind wieder senkrecht zu lesen)
ist auch 1,5,1,4,1,5,1 - klingt aber fade.
 
Zuletzt bearbeitet:
ok - ist das so weil es so festgelegt ist oder weil es natürlich so ist mit dieser Bestrebung? also warum strebt das H -> C und das F -> E usw. ?
ich hatte eher immer so den Eindruck dass das C zum F und das E zum A und das D zum G strebt. (also alles in Moll).

Das gilt innerhalb eines gewissen Systems, das sich über einen längeren Zeitraum entwickelt hat und mit dem Musikschaffende und Musikrezipierende sozialisiert wurden. Das ist das Ergebnis eines sozialen Prozesses, kein Naturgesetz.

Wäre das 'natürlich', ist dann arabische oder indische Kunstmusik unvollständig, fehlerhaft, minderwertig, nicht zu Ende gedacht?
Nein, da hat sich die Musik halt anders entwickelt!

Wie ich so gerne sage: Wir haben die Dur-Tonleiter nicht in der DNA. Wir sind mit ihr sozialisiert. Bis auf einige grundlegende Elemente, die quasi der Physiologie unseres Hörapparats geschuldet und damit kulturübergreifend sind, sind alle Regeln aus der Abteilung 'Kann man man so machen. Kann man aber auch anders machen.'

Deswegen schreibe ich ja immer "Funktionsharmonik der europäischen Kunstmusik des ausgehenden 18. Jahrhunderts" oder so was als Ergänzung. Also, zum x-ten Male: Das gilt nur innerhalb dieses Systems! Das ist aber nur ein kleiner, aber in dieser Gegend wichtiger Ausschnitt des Musikkosmos, aber nicht die Wahrheit, die ultima Ratio, die einzig wahre Art des Musizierens.


Ich bin mit dieser Musik sozialisiert worden (das fängt ja schon mit den Kinderliedern an!), wurde aber frühzeitig (so ab 2. Jahr Klavierunterricht) mit Musik konfrontiert, die teilweise anders funktionierte: Bartoks Mikrokosmos. Dadurch wurde mir dann klar durch direkten Vergleich, wegen Regeln wie implizit oder explizit haben, denn diese Regeln wurde dort verletzt. Und im Musikunterricht in der Schule gab es dann auch mal Ligeti, Berg, Penderecki, Schönberg. Und Metheny, Hancock und Parker.


Diese oben erwähnte Strebetendenz zu verstehen, zu hören, ist wichtig, wenn ich dieses System verstehen will. Vollkommen übertrieben ausgedrückt: Das ist so wie Najdorf-Variante der Sizilianischen Verteidigung beim Schach. Ich muss mich schon mit Schach beschäftigen und das verstehen wollen. Für andere Spiele wie Doppelkopf oder Tennis hilft mir das nicht.

Lustigerweise - Oh, Ironie der Geschichte! - benutzt die heutzutage rezipierte Musik nur einen kleinen Bruchteil dieses Systems. Rock'n'Roll oder Techno und Co. kann man nicht mit herkömmlicher Harmonielehre erklären.

Zum Abschluss noch ein längeres Videos, das ich persönlich interessant fand, aus verschiedenen Gründen:


https://www.youtube.com/watch?v=Kr3quGh7pJA


Grüße
Omega Minus
 


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