Warum kann kein Synth mit Klavier oder Cello mithalten?

Man verwendet unterschiedliche Instrumente ganz einfach für unterschiedliche Aufgaben.

Genau. Man sollte sich lösen von der Vorstellung, dass der Synth andere Instrumente nachmachen oder ersetzen soll. (Leider findet man kaum einen Text über Synths, in dem nicht genau das steht...)

Mit der Intensität einer Solostimme hat das Klavier Probleme, genauso wie mit einem dichten Hintergrund-Pad. Deswegen gibts ja auch in der Klassik Geigen, Flöten und natürlich das Orchester. Im Bass kann man beim Klavier kräftig hinlangen, ihm fehlt aber ein fetter, stehender Bass (Orgelpunkt). Das kann der Synth besser.

Berücksichtigen sollte man auch, dass, wenn man irgendwo ein schönes Klavierspiel hört, man fast immer auf das Ergebnis einer mehrfachen Auslese trifft: da hat sich ein Stück durchgesetzt, weil es gut klingt und es wird gespielt von jemandem, der es durch lange Jahre Übung gut klingen lassen kann...

Ich liebe beide, Klavier und Synth.
 
Ich glaube was ich meine ist, daß diese Instrumente auch klingen wenn man nicht spielen kann, zB einfach nur eine kleine Sekunde wiederholt.
Ich vermute, Du hast noch nie ein Streichinstrument in der Hand gehabt und versucht ihm einen einzelnen sauberen Ton zu entlocken, auch ohne eine Note zu greifen. Wenn man nicht spielen kann, klingt das übelst oder es kommt überhaupt kein Ton raus.
 
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Hier mal zum Vergleichen: Eines meiner Lieblingsstücke. Arvo Pärt - Fratres.
Pärt war so gütig, das Stück für verschiedene Instrumentierungen zu transkribieren.

Bei dem Arpeggio am Anfang ziehen sich einem die Fußnägel hoch, wenn das nicht sauber intoniert wird. Aber hört selbst.

Piano und Violine:

https://www.youtube.com/watch?v=7PS5QMsGaRw


Piano und Viola:

https://www.youtube.com/watch?v=U3mYe-npvAw


Piano und Cello:

https://www.youtube.com/watch?v=v4XMjsYeMig


Piano und Piano (spannend hier hier der Flageolett-Part):

https://www.youtube.com/watch?v=1X9m-rpNSyc


Und hier war jemand mutig und hat's mit Synthesizer gemacht. Das zieht mir echt die Schuhe aus.

https://www.youtube.com/watch?v=VhKYrfQW2HI
 
Sicher? Diverse Quellen (die natürlich Falsches voneinander abgeschrieben haben können) schreiben GS-1. zB Tastronauten
Im Interview in der Keyboards 03/1986 berichtet Edo Zanki vom GS 1. Es wurden zwei Werkspresets gelayert. Das Interview ist auf der Keyboards-Seite verfügbar.
 
Der große Unterschied zwischen akustisch und elektronisch ist die Tatsache, dass das Instrument selber den Klang erzeugt und die Luft im Raum zum Schwingen bringt. Elektronische Instrumente müssen halt immer den Weg über Lautsprecher beschreiten, ich finde das macht einen riesigen Unterschied im Gesamterlebnis...
 
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Die Version ist zwar etwas prätentiös auch durch die Akkustik, aber zeigt gut was ich meine.

Das zeigt nichts anderes, als dass du das Cello als Instrument magst.

Ich liebe ja die Versionen mit Violine. Der Thrill, vor dem ersten Ton, ob's vielleicht direkt in die Hose geht. die Flageolett-Töne, die sich durch's Hirn schneiden. Großes Kino!
 
wenn ein synthesizer klanglich gegenüber einen klavier abkackt, dann liegt es an den lautsprechern und der leistung eines verstärkers.
Anhang anzeigen 02 Jump.mp3

speziell beim synth-solo um 2:40 herum wackelt bei mir die bude.
 
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Warum ist das überhaupt eine Frage? Beides kann sich super ergänzen. Reicht das nicht?
 
Ich vermute, Du hast noch nie ein Streichinstrument in der Hand gehabt und versucht ihm einen einzelnen sauberen Ton zu entlocken, auch ohne eine Note zu greifen. Wenn man nicht spielen kann, klingt das übelst oder es kommt überhaupt kein Ton raus.
Patrick Süskind - Der Kontrabaß - Auszug
Ich habe auch anfangs nicht viel Kraft gehabt im rechten Arm, was man haben müßte für den Bogen, weil sonst kriegen Sie keinen Ton heraus aus dem Dreckskasten, einen schönen schon gar nicht. Das heißt, einen schönen Ton kriegen Sie überhaupt nicht heraus, weil ein schöner Ton ist da nicht drin. Das … das sind doch keine Töne, das sind doch … – ich möcht jetzt nicht ordinär werden, aber ich könnte Ihnen sagen, was das ist … das unschönste aus dem Gebiet der Geräusche! Niemand kann auf einem Kontrabaß schön spielen, wenn das Wort einen Sinn haben soll. Niemand. Auch die größten Solisten nicht, das hängt mit der Physik zusammen, nicht mit dem Können, weil ein Kontrabaß hat nicht diese Obertöne, er hat sie einfach nicht, und darum klingt er immer grauslich, immer, und darum ist das solistische Spielen auf dem Kontrabaß ein Riesenblödsinn, und auch wenn seit hundertfünfzig Jahren die Technik immer raffinierter wird, und wenn's Konzerte gibt für Kontrabaß und Solosonaten und Suiten, und wenn demnächst vielleicht noch ein Wundermann daherkommt und spielt die Chaconne von Bach auf dem Kontrabaß oder ein Capriccio von Paganini – es ist und bleibt grauslich, weil der Ton grauslich ist und bleibt.
 
Patrick Süskind - Der Kontrabaß - Auszug
Ob der Ton, wie Süßkind schreibt, grauslich ist, ist Geschmackssacke, ich persönlich mag den Klang, auch wenn Bässe aus der Natur der Sache heraus nicht für Solospiel geeignet sind. Aber mit dem ersten Teil hat er Recht und (oder sein Protagonist) offensichtlich die gleichen Erfahrungen wie ich gemacht. Es geht einfach nicht, wenn man es nicht wenigstens etwas geübt hat. Es hat Stunden gedauert, bis ich den ersten Geigenton aus einer Geige bekommen habe und nicht nur gekratze.
 
Warum ist das überhaupt eine Frage?
Frage ich mich auch. Vor allem, da die These meiner Meinung nach falsch ist. Es gibt so viele Möglichkeiten und Geräte für hochexpressive Spielweise am Synth (Touché, Seaboard, Continuum). Hinzu kommen Syntheseerweiterungen wie z. B. Yamahas XA (Extended Articulation). Wenn man sowas halbwegs ausreizt, wird kaum noch jemand erkennen können, ob es sich um ein echtes Klavier, Cello, Kontrabass, Saxophon ... handelt.
 
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Es hat Stunden gedauert, bis ich den ersten Geigenton aus einer Geige bekommen habe und nicht nur gekratze.
Ich habe während Wochen nur leere Saiten auf meinem Kontrabass gepspielt, bis das halbwegs geklungen hat. Die Dame, die über mir im Hause meiner Eltern zur Miete gewohnt hat, brauchte gute Nerven. So ein Bass geht durch die Wände. Immerhin quietscht es nicht so, wie bei Geige. Und er brennt länger.
 
Akustische Instrumente zeichnen sich dadurch aus, dass ihre Hersteller Jahrhunderte Erfahrung darin gesammelt haben, aus einem relativ engen Klangspektrum die größtmögliche Klangvielfalt herausholbar zu machen, und die Interpreten haben Jahrhunderte Erfahrung darin gesammelt, diese Klangvielfalt intuitiv abzurufen je nach akuten Erfordernissen einer vorliegenden Komposition bzw. - bei reiner Improvisation - der eigenen Klangvorstellung.

Synthesizer haben ein viel größeres Klangspektrum, und ihre Benutzer konzentrieren sich auf seine Ausforschung, statt darauf, ein Gerät wirklich kennen und beherrschen zu lernen. Vermeintliche Nachteile werden durch Gerätezukauf ausgeglichen, statt Instrumentalunterricht zu nehmen.

Wobei ich es fraglich finde, dass es der Klang selbst ist, den man gerne beim Synthesizer oder geringschätzt. Oft ist es einfach so, dass der Mensch davor keine Ausbildung zum Interpreten hinter sich hat, sondern meint, ein Sequencer oder ein Quantizer in Tateinheit mit einem Humanizer könnte tote Musik lebendig machen.

Ich vermisse synthetische Interpretationen, die diese Bezeichnung nach meinem Dafürhalten verdienen. Manuelle, automatische oder hybride Faderfahrten machen auch Musik, meinetwegen. Hör ich dann im Vergleich organische Musik, schreit mich der himmelweite Unterschied an.

Eine synthetische Interpretation eines klassischen Werkes, dass den unterschiedlichen Motiven deutlich voneinander unterscheidbare Klangfarben zuweist, wäre ein Ansatz, wo ich sagte, da hat jemand eine Nische besetzt, die man allenfalls mit einer echten stationären Orgel in einer Kirche, und da auch nur mit vorbestimmten, nicht programmierbaren Klangfarben erreichte.
 
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Wir haben mal vor Jahren mit einem befreundeten Musikerehepaar die Kombi Synths, Geige + Cello ausprobiert. Von Bach über Neuzeitliches hat einfach nichts gut geklungen. Geige kann richtig Shice klingen auch wenn’s jemand eigentlich gut spielen kann.
Als Liebhaber von 70er Jahre Synthsolos gefallen mir natürlich Blasinstrumente wie Oboe oder Englisch Horn umso besser …


😇

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man braucht garnicht so tief in die trickkiste zu greifen um einem synthesizer leben einzuhauchen.
vangelis hat das ausgezeichnet beherrscht, einen lebendigen sound zu erschaffen.
 
Vermutlich hast du diese Ansicht schon, sie muss aber so nicht wahr sein, nur weil es sich um "Akustische Instrumente" handelt sind die nicht automatisch besser, musikalischer etc.
Wenn das so wäre, würde ich nur noch mit ihnen bevorzugt arbeiten wollen.

Vielleicht hängt es vom Bediener oder anderen Aspekten ab, die man ergründen könnte, wie so oft. Nicht immer liegt es an der Farbe wenn ein Bild großartig ist.

Verzeih mir bitte diese Aussage, sie ist nicht "persönlich", aber ganz allgemein könnte man auch umgekehrt argumentieren und dann abwarten…
 
Spannende Diskussion. Interessante Beispiele.

Bin auch am überlegen, wie nah ein gut gemachtes Piano oder Violine (gesampled) an sein Original ran kommt, und welche Rolle dabei Verstärker und Lautsprecher spielen.

Um dem ganzen mal noch einen anderen Aspekt zu verleihen, hier mal ein interessanter Fund: Kraftwerk, Autobahn mit Kammerorchester. Sehr abwechslungsreich ... auch fussnageltechnisch ... ,-)


https://www.youtube.com/watch?v=NbedpoWDPiQ
 
ganz allgemein könnte man auch umgekehrt argumentieren und dann abwarten…
Natürlich.

Es kommt relativ oft vor daß ich mit einem Klaviersound anfange zu komponieren, den aber durch Synth ersetzt, und andersrum.

Ich hab mich allerdings früher viel mit der Synthese von Klavier und Cellosounds beschäftigt und dabei versucht das wesentliche einzufangen, auch ohne Physical Modeling.
Und dabei festgestellt dass Synths viele Schwächen haben und denen oft etwas wesentliches fehlt.
Liegt vielleicht daran daß sie eher von Technikern für Technikaffine entwickelt werden
 
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auch fussnageltechnisch
Ziemlich, ja. Ist aber auch nicht das erste oder zweite Stück von Kraftwerk das ich gewählt hätte.
Und anders besetzt hätte ich es auch.
Gibt suf YT zwei schöne Klavierinterpretationen von Das Model und Metropolis, wobei letztere spieltechnisch zu vereinfacht ist, aber beide finde ich fast besser noch als die Originale.
 


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