Grundlegende Fragen zu elektronischer Musik

C

chriseckert

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hallo zusammen,

ich lebe nicht von musik und bin auch nicht im musik-business tätig. ich bin im bereich grafik und video/film unterwegs und möchte mich erst mal aus privater neugier dem thema elektronischer musik nähern.

im moment spiele ich etwas mit zwei software synthesizern auf dem ipad rum: synth one (open source) und model d von moog. unter macos teste ich go2 in reaper.

ich merke jetzt natürlich, dass mir viele ganz grundlegende begriffe und konzepte nicht klar sind. das hat wohl auch damit zu tun, dass ich nie ein instrument gespielt habe.

meine frage deshalb: ist dieses forum geeignet, ganz grundlegende fragen zur elektronischen musik zu beantworten? oder bin ich hier an der falschen adresse?

beispielfrage 1: was ist die idee hinter mehreren oszillatoren bei einem synthesizer? geht es hier um die “mehrstimmigkeit” des geräts? gibts denn beispielsweise 10-stimmige (10 oszillatoren) geräte?

beispielfrage 2: wenn ich bei meinem software synthsizer auf dem ipad eine keyboard-taste anschlage, habe ich oft keinen reinen klang, sondern einen klang, der “vibriert” bzw. zeitlich moduliert ist. ist dies eine grundeigenschaft eines synths?

vielen dank für jegliche rückmeldungen.

grüsse
chris
 
:hallo:

Hallo Chris!

Solche und ähnliche Fragen werden hier im Forum immer wieder mal gestellt, beantwortet, diskutiert. :cool:

Zu Beispiel-Frage 1:

Mehrere Oszillatoren kann man für beides nutzen: a) Eine Stimme (im Musik-harmonischen Sinne) damit gestalten durchs "Andicken" oder "Inter-Modulieren" oder Spektren/Wellenformen zusammenaddieren etc. b) Oder man kann damit auch Mehrstimmigkeit erzeugen, indem die Oszillatoren auf unterschiedliche Tonhöhen im Musik-harmonischen Sinne gestimmt werden. Bei polyphonen Synthesizern ist es üblich, dass mehrere Oszillatoren pro Stimme eine Stimme im harmonischen Sinne erzeugen (musikalischer Akkord), und Mehrstimmigkeit im harmonischen Sinne (musikalischer Akkord) durch mehrere Stimmen im technischen Sinne, oft bestehend aus jeweils mehreren Oszillatoren pro technische Stimme, erzeugt wird. Beispiel: Ein 12-stimmiger Synthesizer mit 2 Oszillatoren pro Stimme hat insgesamt 24 Oszillatoren.
Analogie zu "realer", nicht synthetischer Welt:
Stell dir vor, zwei Menschen singen denselben Ton. Es sind zwei menschliche Stimmen, aber eine Stimme im Musik-harmonischen Sinne. Jetzt könnte man meinen, jede menschliche Stimme wäre so etwas wie ein Oszillator. Allerdings hat eine menschliche Stimme eine komplexere spektrale Struktur als ein "einfacher" Oszillator. Daher werden in einem Synthesizer oft mehrere Oszillatoren zur Erzeugung einer Stimme gebraucht, um komplexere spektrale Strukturen pro Stimme zu erzeugen. Oder z.B. auch, damit eine Stimme dicker klingt, als würde sie z.B. nicht von einer Geige, sondern von einer Streicher-Gruppe gespielt werden.

Zu Beispiel-Frage 2:

Vibration ist in einem Synthesizer (aber auch auf einer Geige, einer Gitarre, mit menschlicher Stimme) die Modulation der Tonhöhe durch LFO. Kann man machen, muss man nicht. Auch Filter kann per LFO moduliert werden usw.

:runterpfeil:

Hier wird ein subtraktiver Synthesizer quasi komplett (Oszillatoren, Filter, Hüllkurven, Modulationen etc.) strukturiert erklärt – in englischer Sprache:

:arrow: https://www.sequencer.de/synthesizer/threads/dean-friedman-the-new-york-school-of-synthesis.114724/
 
Zuletzt bearbeitet:
meine frage deshalb: ist dieses forum geeignet, ganz grundlegende fragen zur elektronischen musik zu beantworten? oder bin ich hier an der falschen adresse?
Du bist hier richtig - aber es gibt auch ein paar Grundlagen zB
diese: https://www.sequencer.de/synth/index.php/Kategorie:Sound_Synthesis
und Digital Synth Basics https://www.sequencer.de/synth/index.php/Synthesizer-Diplom
und Natürlich Klangsynthese generell hier https://www.sequencer.de/blog/klangsynthese-grundlagen/2503


Frage 1: Schwebungen, Breite, "fetter" - https://www.sequencer.de/synthaudio/synthesizer-grundlagen.html#subtraktiv
Hab das was du fragst mal als Lernvideo gemacht - und zwar hier: https://www.dvd-lernkurs.de/hands-on-synthsound-download.html

Generell kannst du mit einem zweiten Oszillator zB für Pads und Strings den Sound fetter und orchestraler machen, mit 3 Oszillatoren kannst du es sogar noch ein bisschen weiter bringen.
Das geschieht indem du die beiden bzw drei Oszillatoren leicht gegeneinander verstimmst - das ist wichtig.
Alternativ kannst du bei Rechteck auch die sogenannte Pulsbreitenmodulation (PWM) nutzen - siehe Link für Audiodemo, wie sowas klingt.

Das ist ein klanglicher Aspekt - Mehrstimmigkeit wird durch komplett identische Stimmen aufgebaut, nicht nur durch Oszillatoren - aaaaber - es gibt die sogenannte Paraphonie https://www.sequencer.de/synth/index.php/Paraphonic bzw Duophonie https://www.sequencer.de/synth/index.php/Duophonic - Dann werden mehrere Oszillatoren durch verschiedene Tasten gesteuert und durchs gleiche Filter und VCAs geschoben - dh - das ist "pseudopolyphon" in allen Fällen. Pro3, Pro2 oder ähnliche Synths sind das zB aber auch der Odyssey.

Frage 2: Jein - ein Synthesizer kann alles - du kannst es auch pur machen - also nur zB ein Rechteck oder Dreieck oder Sägezahn (mit unterschiedlichen Obertönen und daher mit anderem Klang) und diese einfach nur "ein und aus" schalten mit dem Tastenspiel und natürlich den dynamischen Verlauf angeben, um Lautstärken oder Klänge zu verändern (Filter).

Veränderungen von Tonhöhe, Klang oder Lautstärke ist möglich aber nicht zwingend - und man kann das immer abschalten. Ebenso Veränderungen im Klang durch Wavetables wie beim Animoog Zb - dort gibt es 8 Zonen mit verschiedenen Grundklängen, die man langsam überblenden kann. Das ist aber kein "Muss". Du kannst es dort statisch machen, indem du diese "Orbits" nicht mehr per LFO steuerst. LFOs sind langsame Oszillatoren die eben für die Steuerung von allem da sind
Das Glossar dazu findest du wie gesagt unter den obigen Links jeweils..
 
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:hallo:

Das lässt sich alles lernen...

Ganz simpel ist das hier - läuft im Webbrowser: https://www.ableton.com/de/blog/learn-synthesis-in-your-browser/

Danach würde ich mal bei Bonedo hier und hier reinsehen.

Auf Englisch (aber sehr ausführlich!) ist das hier: https://global.oup.com/us/companion.websites/9780199922963 - kriegste auch bei amazon oder dem Buchhändler deines Vertrauens.

Über kurz oder lang wirst du dich auch mit etwas grundlegender Musiktheorie auseinandersetzen müssen - was sind Halbtöne und Intervalle (Terzen, Quarten, Quinten), was unterscheidet Dur und Moll. Das lernt man fix (ich sach ma: die Grundlagen an 1 Tag), aber es bereichert deine Fähigkeiten ungemein. Wenn du das weißt, kannst du viel interessantere Sounds programmieren. Klavier spielen muss man nicht können. Noten werden auch überbewertet ;-)

Warum ich das hier erwähne: wenn du z.B. weißt, wie viele Halbtöne die Töne bei einem Dur-Akkord auseinander liegen, kannst du mit einem Synth mit 3 Oszillatoren diese so gegeneinander verstimmen, dass du mit einer Taste tatsächlich einen ganzen Akkord spielst. Wenn es zusammen richtig schräg klingen soll, spielt man kleine Sekunden, soll es wie Butter runtergehen, empfehlen sich Quinten - also entweder 2 Töne auf der Tastatur oder nur einer mit 2 entsprechend verstimmten Oszillatoren (1 Halbton (= kleine Sekunde) bzw. 7 Halbtöne (= Quinte) - ja richtig: 7 Halbtöne machen ein Quinte, obwohl 7 ja nicht 5 ist, aber das erkläre ich hier nicht). Überweite Akkorde in 2. Umkehrung in Schiss-Moll braucht kein Mensch.​

Das ist aber das Programm für später, zuerst würde ich die Tutorials oben ansehen (und die von @Moogulator geposteten Links), damit bist du schon mal ein paar Tage beschäftigt.

Der Synth One auf dem iPad ist übrigens nett - hab ich auch. Auf dem iPad empfehle ich auch gerne den Sunrizer von Beep Street - ist einfach aufgebaut, kann ne Menge und ist fast für lau.

Mit den obigen Grundlagen kannst du dann später mal ein Preset von deinen Synths laden und beim Spielen den einen oder anderen Parameter ändern um zu sehen, wie sich das auf den Sound auswirkt. Aber wirklich erst später - reverse engineering ist bei Synths zwecklos, wenn man da ohne jede Grundkenntnis drangeht - habe ich früher auch mal probiert, kam nix bei raus außer Frust. Solange einem die Begriffe Envelope, Oszillator, Filter, Modulation, Sync, VCA, VCF, VCO, LFO nichts sagen, ist das Zeitverschwendung. Erst Grundlagen lernen, dann Patches analysieren.

Ist aber alles kein Hexenwerk - ich habe anhand eines Buches gelernt (das es aber nicht mehr gibt), das hab ich zusammen mit dem Laptop in den Urlaub mitgenommen und jeden Abend auf dem Balkon mit 1 Glas Rotwein daneben 1, 2 Stunden damit rumgespielt (mit Kopfhörer, sonst hätte man mich vermutlich gelyncht). Nach 2 Wochen hatte ich verstanden, worum es geht.

Und nur mal so aus Neugier: in welche Richtung soll die Mucke denn gehen?
 
wir warten aktuell auf ein Signal, ob das gute Antworten waren und antworten gern auf weitere.
Bass FM Tutorial hab ich auch noch anzubieten - im Wiki. Aber erstmal wartet das System auf neue Anweisungen.

your choice > :cursor:
 
wenn du da Basic mäßig was am iPad machen oder probieren möchtest, ist vielleicht auch das Ios MiRack für dich interessant.
 
hallo zusammen,

tut mir wirklich leid, ich komme erst jetzt dazu, die wahrlich vielen antworten zu lesen.

ich versuche das zu verdauen und komme allenfalls mit folgefragen zurück :)

beste grüsse
chris
 
Ich gebe dir den lieb gemeinten Rat, dich erstmal einfach nur ohne Druck spielend entdeckend mit deinen Synths und Musik zu beschäftigen. Entdecke den Spaß spielend an der Sache mit den Synthies, ohne Ansprüche daran stellen zu müssen, das Rad neu erfinden zu sollen.
Für Fragen sind hier in den Foren natürlich etliche Experten unterwegs, die dir immer gerne weiterhelfen, von einfachen bis hin zu schwierigsten Fragen und Antworten.
Ich möchte nur sagen, setzt dich da aber anfangs keinen unnötigen Druck und hohen Erwartungshalten aus. Alles kann, nichts muss !

Von jemand der vergleichsweise gerade sein Führerschein macht erwartet auch niemand (und sollte niemand erwarten), dass er morgen schon ein völlig perfekter Formel-1 Pilot ist oder überhaupt werden müsse.und genauso wenig musst du dich den Zwang des Erlernens von tiefster Musiktheorie
Denk mal vergleichsweise an die Anfänge im Bereich Grafik,Animation,Film... da bist du sicherlich auch nicht gleich meisterlich mit PS,AE,3DSMax, Avid&Co umgegangen, geschweige gleich anfänglich tiefer in jene Meta-Ebenne vordringen zu müssen, wie es mit Farbtemperaturen und Ausgabeformaten für PAL oder NTSC im Broadcasting oder Synchronisierung Bild/Lichttonverfahren fürs Kino aussieht etc.
Und Musik kann hier ganz genauso komplex werden (muss es aber nicht).
Deine Erfahrungswerte kommen mit der Zeit und da wächst du genauso rein, nur mach dich bloß nicht damit irre, was da eventuell auf dich zukommt.
Erfahre deine Synths und Musik in der Praxis durch Learning by doing und wo man nciht weiterkommt, hilft das Netz und natürlich das gute Forum mit den vielen tollen Leuten und geballte Kompetenzen hier an Bord ;-)
 
Vor einem 3/4 Jahr habe ich in autodidaktischer Weise die Grundlagen der Musikproduktion und der Sounddesigns erlernt - im Ansatz. Mir hat es geholfen erstmal mit einfachen Synthesizern wie einem Acid-Synthesizer anzufangen und mich dann kontinuierlich in die Materie einzuarbeiten. Allein das ganze technische Zeug was mit der Komposition/Produktion einhergeht braucht meiner Einschätzung nach Jahre, bis man da zielgerichtet agieren kann.

Wochenende war n Kumpel hier, der auch gern elektronische Sachen hört. Im Crash-Schnellkurs hab ich ihm die grundlegendsten technischen Sachen beigebracht. Aber die wenigen Stunden haben nicht mal ansatzweise gereicht um die Tiefe der Thematik zu vermitteln. Dann kam auf seiner Seite dann sehr schnell die Erkenntnis, dass ihn das eigentlich überfordert.

Was ich damit sagen will ist, es bedarf schon etwas Liebe zur Materie um sich damit längerfristig befassen zu können. Vielleicht hilft ja auch die Erkenntnis, dass die ersten Synthesizern mehr oder weniger von Physikern gebaut und bedient wurden. Und so muss man dann auch herangehen - wissenschaftlich-pedantisch. Demgegenüber steht der spielerische Ansatz, der vor allem in der Anfangszeit dominiert. Was Klangformung am Synthesizer angeht hab ich die Erfahrung gemacht, dass man sehr gut daran tut auch weiterhin mit einem spielerischen Anspruch da ranzugehen und wenn man was interessantes entdeckt oder sich eine Erkenntinis erarbeitet, man auf den technischen Modus umschaltet um die Systematik dahiner zu verstehen.

Das alles kostet viel (Frei)Zeit.
 
beispielfrage 2: wenn ich bei meinem software synthsizer auf dem ipad eine keyboard-taste anschlage, habe ich oft keinen reinen klang, sondern einen klang, der “vibriert” bzw. zeitlich moduliert ist. ist dies eine grundeigenschaft eines synths?
Also wenn mehr als ein Oscillator im Spiel sind ,und nicht 100%ig syncron schwingen, dann enstehen solche "vibrationen". Zeitlich moduliert, bedeuted, daß ein sogenannter Hüllkurvengenerator (englisch=envelope generator)

im Spiel ist. Mit so einen Generator kann man Oscillatoren sowie z.B. auch Filter beeinflussen.
 


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