Klassische Musik unter der Geißel des Katzendarms

Für mich ist Kunst eine Haltung.

Es ist eine gestalterische Handlung als Selbstzweck.

Beispiel: Wenn ich die Tür aufmache, nur um sie aufzumachen, ist das für mich Kunst. Wenn ich sie aufmache, um aus dem Zimmer zu gehen, ist es keine Kunst.

Gruß,
Markus
 
Acidmoon schrieb:
Sportler haben auch Skills, warum nennt die niemand Künstler?
Weil Kunst eben erst "Handwerk plus X" ist. ;-)
Man braucht Handwerk (weißt du ja, oder ist dir die Frickelei in den Schoß gefallen? ;-) ), man braucht aber auch Inspiration. Oder so was ähnliches. ;-)

Deswegen werd ich nie ein großer Künstler, ich hab nicht genug Inspiration. Ein großer Sportler werd ich aber auch nicht mehr. :harhar:
 
Mal so gesagt: Es gibt Handwerk, was Alltagszeug ist, zB Tore, die als Kunst gesehen werden, andere werden nicht so gehen.

Besonderes Können allein? Keine Massenproduktion? Hier wirds schon schnell schwierig, aber Kunst ist schon eine besondere Qualität von Schaffen, dies würde man wohl sagen können, aber wie genau und bei welchen Bedingungen?

Manchmal ist es angenehm, manchmal fragt man sich: Wo issn das Kunst? ;-)
 
Es ist momentan bei meinen Bandscheibenbeschwerden also Kunst wenn ich mich vor Schmerzen auf dem Stuhl halten kann, weil man dafür ja "Handwerk(merkwürdige Körperhaltung = Fähigkeit) plus X(Schmerzmittel)" braucht.
:harhar:
 
Jörg schrieb:
Man braucht Handwerk (weißt du ja, oder ist dir die Frickelei in den Schoß gefallen? ;-) ), man braucht aber auch Inspiration. Oder so was ähnliches. ;-)
Ich mach fast alles aus Trotz. Oder um Leute zu ärgern und seien es meine Nachbarn. :twisted:
Das meiste entsteht beim Testen. Ich würde 'ne Krise kriegen, wenn ich irgendwas 2x machen sollte. Deswegen hab ich auch keine Live-Ambitionen.
 
Toni W. schrieb:
Es ist momentan bei meinen Bandscheibenbeschwerden also Kunst wenn ich mich vor Schmerzen auf dem Stuhl halten kann
Das ist auf jeden Fall schon mal ein Anfang. Kunst geht oft mit einer außerordentlichen Leidensfähigkeit einher.
 
Wow, das war jetzt Aktionskunst - wiederholte Postings zum Thema Nicht-Wiederholung. :lol:
 
Acidmoon schrieb:
Toni W. schrieb:
Es ist momentan bei meinen Bandscheibenbeschwerden also Kunst wenn ich mich vor Schmerzen auf dem Stuhl halten kann
Das ist auf jeden Fall schon mal ein Anfang. Kunst geht oft mit einer außerordentlichen Leidensfähigkeit einher.

Ja, Leidensfähigkeit finde ich auch wichtig. Das Gute daran ist, das man merkt, das man noch am leben ist. Leid kann auch inspirierend sein, genauso wie Wut im Bauch. :D
 
Hallo

Früher, als ich noch sehr klein war, habe ich z.B. oft "nordborg" von "Adelbert von Deyen" gehört. :opa:
Auf dem LP-Cover ist er (gemeinsam mit seinen Apparaten) abgebildet gewesen, und die Hilflosigkeit (der vielen Knöpfe und Tasten wegen) stand ihm ehrlich "ins` Gesicht geschrieben".


Auf beiden Seiten der Schallplatte passiert eigentlich nicht sehr viel (genauer: Nichts), sondern:
Ein Klanggebilde zieht sich relativ konstant über die jeweilige Seite der LP (Adelbert weiß anscheinend während der Aufnahme nicht, wo er jetzt drücken oder drehen soll, ohne alles zu verbocken, und läßt es deshalb lieber ganz sein.
Er hat mein vollstes Verständnis, denn mir ergeht es meistens (genauer: immer) genauso.)

Später bin ich dann auf "Captain Beefheart and his Magic Band" umgestiegen (Besonders empfehlenswert: "Safe as Milk" oder "Shiny Beast"). :opa:


Doch wieder zurück zur Kunst (allgemein):
Leitsatz:
Es ist eine Art "inneres Aufbegehren", frei von jeglichem "gesunden Schuldbewußtsein", ähnlich einem bildnerischen "Künstler", der gerade wieder etwas "verschüttet" hat, und dafür keine Ohrfeige (wie früher, als er noch "Kind" war) bekommt, sondern Beifall.


Zwischenbemerkungen:
Die Protagonisten blicken zudem mit einer derartigen Selbstverständlichkeit in die Kamera, daß ich mich oft fragen muß, WOHER sie eigentlich eine SOLCHE Selbstsicherheit beziehen, und WIE sie es schaffen ihre eigentliche Planlosigkeit derart perfekt zu verbergen.

Meines Erachtens ist Kunst aber natürlich KEINE Geschmacksfrage (denn "Geschmäcker" sind ja bekanntlich verschieden), sondern eine Frage des Gesamt-Kontextes.
Besonders heute, in einer Zeit, in der alles "übermüllt" ist.

Oft ist es nämlich wirklich äußerst schwierig, in der Kunstszene die "Patienten" herauslesen, also JENE "Künstler", die nach obigem (Verschüttet-)Leitsatz agieren, aber (aus unerfindlichen Gründen) diverse "Connections" zu Leuten haben, "die am "Drücker" sind", und dadurch eine "Plattform in der Szene" geboten bekommen.

Bei manchen "Kunstdarbietungen" kann ich einfach nichts anderes erkennen, als "psychische Erkrankungen", die "live vor Publikum" (oder über den Umweg des "Objekts" "an sich") therapiert werden.
(Hier klammere ich aber "etablierte Dinge" NICHT aus, weil die "Qualitäts-Frage" eigentlich GENERELL gestellt werden sollte.)

Oft muß man sich einfach fragen, was für Zeug manche Leute (früher) geraucht haben, welche Tabletten sie schlucken (oder geschluckt haben), oder wie viele Treppen sie schon hinuntergestürzt sind.
Und man weiß auch nicht, wieviele Räucherstäbchen sie früher (während ihres Indien-Aufenthalts) verzehrt haben und welche besonderen Inhaltsstoffe hier beteiligt gewesen sind.


Und wenn ich mir im Vorhinein die Beschreibungen diverser "Machenschaften" durchlese, wird mir oft "schwarz vor den Augen":

Denn meistens wird hier seitenweise "Zeug" in etwas HINEIN-INTERPRETIERT, wo eigentlich (in Wahrheit) gar nichts ist.
Das Eine (die Interpretation) hat also oft NICHTS mit dem Anderen (dem Werk) zu tun.

Kurzum:
Ich habe eigentlich nur ein Problem mit einem "Kunst-ANSPRUCH", der auf "Gedeih` und Verderb`", oder, anders formuliert "mit Gewalt" gefordert wird, und der dann oft im Endeffekt nur DAZU dient, daß sich die "Kenner" dieser Szene (dieser "Kenntnis" wegen) "intellektuell" von der restlichen Bevölkerung "abheben" können.

Gruß
Christian :mrgreen:[/b]
 
Toni W. schrieb:
Leid kann auch inspirierend sein, genauso wie Wut im Bauch. :D
Oder Verstörtheit. Ich versuche oft, meine Alpträume* zu vertonen. Naja, zumindest, wenn der Sound im Traum dazu einläd.


*ich find die meist ganz nett. :twisted:
 
Ich glaube, dass ein Problem bei solchen Diskussionen auch darin besteht, dass für viele Kunst ein Synonym für "gut" oder "Qualität" ist.

Gruß,
Markus
 
Markus Berzborn schrieb:
Für mich ist Kunst eine Haltung.

Es ist eine gestalterische Handlung als Selbstzweck.

Beispiel: Wenn ich die Tür aufmache, nur um sie aufzumachen, ist das für mich Kunst. Wenn ich sie aufmache, um aus dem Zimmer zu gehen, ist es keine Kunst.

Na gut.:roll:

Ich korrigiere mich:

ALLES IST KUNST.
und:
ALLES konvergiert gegen NICHTS.

Nanu?! :shock:
Ich bin ein Esoteriker. :shock:

Gruß
Christian
 
Markus Berzborn schrieb:
Beispiel: Wenn ich die Tür aufmache, nur um sie aufzumachen, ist das für mich Kunst.

Es könnte sich hier aber auch nur um eine sog. "geistige Fehlzündung" handeln. :shock:

(Im Volksmund: "Tick".)

Gruß
Christian :mrgreen:
 
Christian Böckle schrieb:
Mit anderen Worten: Kunst ist nichts Besonderes

Wenn also der eine Furz samplet und etwas Technogezuppel dazu macht, ist das Kunst.
Der andere arrangiert ein ganzes Klassikensemble, um sein eigenes Werk umzusetzen (keine Interpretation von Beethoven oder sonstwem, sogar viel interessanter). Aber letztendlich ist das nur ein Schwanzvergleich. Der Samplefurz hat seinen Platz in der Kunstgeschichte ebenso verdient.

So gesehen ist unsere Zeit (und jede andere auch) völlig müllfrei. Selbst die Flyer vom Pizzamacker sind Kunst.
 
Christian Böckle schrieb:
Markus Berzborn schrieb:
Beispiel: Wenn ich die Tür aufmache, nur um sie aufzumachen, ist das für mich Kunst.

Es könnte sich hier aber auch nur um eine sog. "geistige Fehlzündung" handeln. :shock:

(Im Volksmund: "Tick".)
Ich kannte mal 'ne Tür, wenn die quietschte, das klang wie ein Mono-Evolver von DSI.
Unnu die Frage:
- bin ich Künstler, wenn ich das auf 'nem anderen Synth exakt nachprogrammieren kann?
- if so: ist die Tür noch als ernstzunehmemde Künstlerin zu bezeichnen, wenn ich ihre Arien nachprogrammieren kann?
- was bin ich, wenn ich das einfach fieldrecorde und in' Sampler packe?

[x] ein Fieldrecorder mit Türfetisch
[_] ein gottverdammter Ketzer
[_] weiß nich
 
@Christian

Adelbert von Deyen hätte ich wahrscheinlich als Jugendlicher gut gefunden, wenn ich nicht schon vorher die frühen LPs von Klaus Schulze gehört hätte. So kam es mir dann doch sehr epigonenhaft vor.

Captain Beefheart finde ich grandios, gewinnt für mich eher mit der Zeit noch hinzu. Meine Favoriten sind wohl "Trout Mask Replica" und "Doc at the Radar Station".

Wenn Du mal Musik hören willst, bei der sich wirklich kaum etwas ändert über längere Zeiträume und gerade dies das Bewusstsein schärft, würde ich Dir gewisse Sachen von La Monte Young oder Charlemagne Palestine empfehlen.
Ich war mal bei einer Live-Aufführung von Youngs Composition 1960 No. 7 in Bonn dabei, da wird einfach nur eine Quinte gehalten, im vorliegenden Fall eine halbe Stunde lang. Und nach der halben Stunde dachte ich: Schade, schon vorbei? Und ich war nicht der einzige, der das so empfunden hat.

Gruß,
Markus
 
Acidmoon schrieb:
Selbst die Flyer vom Pizzamacker sind Kunst.

Nach meinem Verständnis nicht.
Weil sie einem konkreten Zweck dienen, der Information.

Kunst wäre für mich z.B., wenn der Pizzaservice leere Flyer verschicken würde.
Oder Flyer mit Zitaten von Chuang-tse, die in keinerlei Zusammenhang zu Pizza stehen.

Gruß,
Markus
 
Acidmoon schrieb:
Ich kannte mal 'ne Tür, wenn die quietschte, das klang wie ein Mono-Evolver von DSI.
Unnu die Frage:
- bin ich Künstler, wenn ich das auf 'nem anderen Synth exakt nachprogrammieren kann?
- if so: ist die Tür noch als ernstzunehmemde Künstlerin zu bezeichnen, wenn ich ihre Arien nachprogrammieren kann?
- was bin ich, wenn ich das einfach fieldrecorde und in' Sampler packe?

Auf jeden Fall wäre die Idee nicht mehr neu. ;-)

Pierre Henry hat schon in den 60ern aus Bandaufnahmen eines quietschenden Scheunentors ein ganzes Album gemacht.
Die Platte ist super. Habe ich in der letzten analog aktuell noch einen längeren Bericht drüber geschrieben.

Gruß,
Markus
 
Acidmoon schrieb:
Ich versuche oft, meine Alpträume* zu vertonen. Naja, zumindest, wenn der Sound im Traum dazu einläd.
*ich find die meist ganz nett. :twisted:

Ich konnte als Kind eine zeitlang meine Alpträume ein wenig steuern. Will sage, ich habe gemerkt das es ein Traum ist (dieses sich selbst sehen im Traum). Und so konnten mir die "Monster" keine Angst mehr machen. Ich habe mich ihnen einfach entgegengestellt, weil ich wusste das ich dann gleich aufwache.

Das klingt total schräge ich weiß. :roll: Hat aber prima geklappt :D
Irgendwann ging das dann aber nicht mehr, keine Ahnung wieso.
 
Hallo Markus

Du wirst lachen, aber die Sachen von Klaus Schulze kenne ich eigentlich erst seit ca. zwei Jahren!
Und ich muß sagen, daß ich über dessen Musik wirklich begeistert bin.

Obwohl:
Früher (um 1979) habe ich ja oft auch folgende LP gehört:
Earthstar (French Skyline)
Und auf dem Cover ist hier auch Klaus Schulze (& Craig Wuest) vermerkt.

Auch "Doc at the Radar Station" habe ich hier.
Wunderbar!
Hier hört man (meines Erachtens) KLAR DEFINIERTE Schräglagen und Instrumente, die sich so anhören, als wäre man gerade einem Hund auf den Schwanz getreten.

Ansonsten finde ich auch "eintönige" Angelegenheiten sehr interessant, weil sie "meditativ" wirken können.
Aber es sollte (in meinen Ohren) immer irgendwie melodisch oder harmonisch wirken.

Gruß
Christian
 
Markus Berzborn schrieb:
Auf jeden Fall wäre die Idee nicht mehr neu. ;-)
Schon klar, ich kenn diese Experimente von Boris Blank (Yello)

Pierre Henry hat schon in den 60ern aus Bandaufnahmen eines quietschenden Scheunentors ein ganzes Album gemacht.
Die Platte ist super. Habe ich in der letzten analog aktuell noch einen längeren Bericht drüber geschrieben.
Ich hab in der vor(vor)letzten Sound&Recording das Interview mit Matthew Herbert gelesen (im Rahmes dieses Specials über Field Recording). Das war das Spannendste, was ich seit langem in 'nem Musik-Mag gelesen habe. Seine Intentionen und die Art wie er seine Ideen umsetzt. Spleen pur, aber beeindruckend.

Er hat sich Geschirr von irgendeinem Staatsbankett auf 'ne Wiese packen lassen und lies dann einen Panzer drüber rollen. Dann lies er ein Drumkit in einen 3er BMW packen, um rauszufinden, ob der Drummer bei 160km/h anders trommelt. Ganz großes Kino, obwohl ich die Ergebnisse (allzuviele kenne ich nicht) eher semi-spannend finde.
 
Ja, der Boris Blank.
Ich schätze den sehr, aber er ist da keinesfalls ein Pionier.
Die ersten Stücke von Pierre Schaeffer mit verarbeiteten Naturgeräuschen - z.B. von Eisenbahnen - sind bereits in den 40er Jahren entstanden.
Natürlich in sehr mühsamer Arbeit. Er hatte keinen Sampler, noch nicht mal eine Tonbandmaschine zu der Zeit.
Er musste die Klänge auf Folien schneiden.

Gruß,
Markus
 
Markus Berzborn schrieb:
Natürlich in sehr mühsamer Arbeit. Er hatte keinen Sampler, noch nicht mal eine Tonbandmaschine zu der Zeit.
Er musste die Klänge auf Folien schneiden.
Sowas meinte ich weiter oben mit "Leidensfähigkeit" (im übertragenden Sinne).
 
Acidmoon schrieb:
Sowas meinte ich weiter oben mit "Leidensfähigkeit" (im übertragenden Sinne).

Ach so. Sowas wie "Mit einfachen Mittlen" werkeln. :D Stimmt, das ist schon was anderes. Wenn z.B. die Möglichkeit besteht das man die Arbeit von mehreren Stunden durch einen Augenblick der Unachtsamkeit zu Nichte macht. DAS ist ganz anderes Arbeiten , da gebe ich dir Recht.

So zu Arbeiten (unter ähnlichen Bedingungen) verbessert auch die Konzentrationsfähigkeit und kann ohne Ende Spass machen, da man im Nachhinein ein Unikat in den Händen hält, welches eine ganz andere Wertigkeit hat gegenüber eines digital od. sonstwie kopierbaren Endproduktes.

Ich habe früher mit wesentlich bescheideneren Mitteln (musikalisch) gearbeitet als jetzt und konnte durch diese Art des "permanenten Trainings" auch längere Pasagen ohne Probleme einspielen.

Und heute ? Kämpfe ich mich bloß nur noch von Takt zu Takt. Das ist wesentlich langweiliger als damals.

Hmm... ich kriege irgendwie richtig Bock auf eine alte 8-Spur.. 8)

Illya

Edit: Ich sehe gerade ich habe noch ein altes 1/4 Zoll (wenn das mal stimmt) (Senkel ?) Band an der Wand hängen. Ob das jetzt auch "tail out" gelagert ist ? :P
 
Jo, Senkel ist 1/4 Zoll.
Aktiviere doch einfach noch mal die Tonbandmaschinen. Macht Spaß.
 


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