Re: Lohnt sich heutezutage der Kauf eines neuen Synthesizers
Ich mag meinen Sperrmüll. Und ich mag meine DAW...
.., trotzdem bin ich der Meinung, daß ein Computer für sich genommen kein Musikinstrument ist, weil man ohne irgendeine Art von Echtzeit Controller ihn nicht ernsthaft als Musikinstrument einsetzen kann. Erst mit einem Echtzeit Eingabe Gerät und einer entsprechenden Klangerzeugungs Software, wird aus einem Computer ein Instrument. In z.B. einem Virus TI (
) steckt ja im Prinzip auch nur ein Computer drin, mit Betriebssystem, Klangerzeugungssoftware und nach außen vielen Controllern (Knöpfen). Der Computer an sich aber, ohne Klangerzeugungssoftware und Bedienhilfen, wird damit nicht zum Instrument. Man kann dann dadrauf nicht, wortwörtlich nehmen, Musikmachen. Es sein denn, man setzt das Tastaturklacken, Mausklicken und Lüftergeräusch als die Klangerzeugung ein.
Eine DAW - Digital Audio Workstation ist per se auch kein Musikinstrument. Ich kann eine DAW nicht spielen, auch nicht auf ihr spielen. Denn ursprünglich war eine DAW ein einfacher Multitrack HD Recorder.
Wikipedia hat die Erklärung:
Eine Digital Audio Workstation, kurz DAW, ist ein computergestütztes System für Tonaufnahme, Musikproduktion, Abmischung und Mastering, das sich durch eine hohe Integration von Komponenten innerhalb des Systems auszeichnet. Es ist ein Verbund digitaler Geräte zur digitalen Aufzeichnung und Verarbeitung von Schallsignalen. „Digital Audio Workstation“ ist die ursprüngliche Bezeichnung für Harddisk-Recording-Geräte, als HD-Recording mittels PC oder Mac – zum Beispiel mit Pro Tools – noch nicht möglich war. Die ersten DAWs waren HD-Recorder wie der Fairlight CMI. Heute nennt man PCs und Macs mit entsprechender Hardware (hochwertige Audiokarte) und Musiksoftware auch DAWs.
Da steht jetzt im Text "Musikproduktion"...also man kann mit einer DAW Musik PRODUZIEREN, was aber nicht das Gleiche ist, wie musizieren.
Im Prinzip ist das hier auch schon der gleiche Denkfehler, der auch im "Moog/Diva" Thread schon begangen wurde. Zwischen Musik produzieren und Musikmachen/Musizieren ist ein entscheidender Unterschied.
Musikproduktion ist ein schöpferischer Vorgang. Es wird etwas erschaffen, nämlich ein Musikstück, das dann beliebig oft "aus der Konserve" abgespielt werden kann.
Das Musizieren hat eine völlig andere Charakteristik. Es geht beim Musizieren, nicht um ein Resultat in Form eines Produktes, sondern um den Vorgang an sich. Das Musizieren als Solches macht Freude und genau deshalb wird es getan. Es geht um die reine Freude am Tun.
Bei Musikproduktion geht es vor allem um Perfektion. Die Musik wird am Computer perfekt zurechtgefeilt.
Natürliches Musizieren dagegen ist immer irgendwie unperfekt. Es passieren Fehler, jemand verspielt sich. Selbst wenn es direkt aufgenommen wird, klingt es bei weitem nicht so, wie eine Studioproduktion. Schon bei den Profis und Stars tut es das nicht - bei Amateuren ist der Unterschied geradezu katastrophal.
Gegen produzierte Musik klingt musizierte Musik immer unperfekt, Fehler-behaftet und insgesamt viel schlechter.
Musikproduktion schafft ein falsches Ideal, mit dem das natürliche Musizieren nicht mithalten kann.
Es wird durch die produzierte Musik aus dem Radio und anderen Medien eine Vorstellung von Musik verbreitet, die musizierte Musik nicht erfüllen kann.
Warum sollte man noch musizieren, wenn man an Musikproduktionen sowieso nicht herankommt?
Falsch ist das Ideal deswegen, weil diese klangliche Perfektion nicht das ist, worum es beim Musizieren geht. Es geht um die Freude am Spielen und erst ganz viel später darum, wie es klingt.
Außerdem schafft Musikproduktion teilweise klangliche Figuren, die im direkten Musizieren überhaupt nicht erzeugt werden können. Wer es nachspielen wollte, könnte vieles gar nicht nachspielen. Vieles aus Musikproduktionen ist überhaupt nur mit Software machbar und damit live so nicht reproduzierbar.
Aber selbst wenn Musikproduktion das Musizieren auslöscht: Was soll daran verkehrt sein? Das ist eben einfach der Fortschritt: Früher haben Menschen musiziert, heute tun es die Maschinen. So ist der Lauf der Zeit. Oder vielleicht doch nicht?
Aber allein schon die Ausgangsfrage ob sich ein Synth lohnt impliziert ja schon...das das Musikmachen, musizieren sich lohnen muß. Die Geisteshaltung die dahinter steckt sollten man vielleicht mal hinterfragen.